Europa soll Nutzervertretung bei der ICANN bekommen

Die Nutzer-Vertretung bei der Organisation zur Internet- und DNS-Verwaltung, ursprünglich durch Wahlen angestrebt, ist ein unrühmliches Kapitel. Die neue Struktur sieht nun regionale Nutzer-Vertretungen vor mit eingeschränkten Rechten.

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Von
  • Monika Ermert

Ein nicht abgeschlossenes, unrühmliches Kapitel bei der internationelen Internet- und DNS-Verwaltung ist die mit ICANN II degradierte Beteiligung der normalen Internet-Nutzer an den Entscheidungsprozessen der Netz-Aufseher. Der deutsche ICANN-Vorstandsneuling Hagen Hultzsch hält die direkte Mitsprache über gewählte Direktoren für nicht sinnvoll. Dagegen warnten die scheidenden, von den Nutzern gewählten Direktoren (At-large-Direktoren), dass ICANN die Bodenhaftung zu den Nutzern verlieren könnte. ICANN-Rebell Karl Auerbach kommentierte: "Das neue System ist viel zu überladen und bietet dabei zu wenig Einflussmöglichkeit. Ich fürchte, dass es scheitern wird."

Das neue At-large-System sieht Regional At large Organisations (RALO) vor, die jeweils durch Vertrag an ICANN gebunden sein werden. Die RALO sollen vor allem als Dachorganisationen ins Leben gerufen werden, deren Einzelmitgliedsorganisationen aus den Regionen sich durch ICANN zertifizieren lassen müssen. Europas Nutzerdirektor Andy Müller-Maguhn betonte, die Anwender hätten in der neuen Struktur allenfalls noch eine beratende Stimme, während Domain-Registrare prominent darüber mitentscheiden, ob sie gerne Wettbewerb hätten und die Regierungen stärker als bisher eingriffen. Mehrfach hatten Regierungsvertreter ihren Ex-Vorsitzenden -- jetzt als Präsident tätigen -- Paul Twomey ermahnt, Beschlüsse des ICANN-Regierungsbeirates umzusetzen. Dringend wollen die Regierungen, neue Empfehlungen der World Intellectual Property Organisation (WIPO) zum erweiterten Namenschutz im DNS umgesetzt sehen.

Einen Start der europäischen RALO kündigte Wolfgang Kleinwächter, Professor an der Uni Aarhus und ICANN-Dauerbeobachter an: Die "Milanogruppe" soll Anfang Oktober am Rande der jährlichen IST-Konferenz der Europäischen Kommission in Milano die EURALO ins Rollen bringen. In anderen Regionen gibt es praktisch noch keinerlei Aktivitäten. Kleinwächter berichtete in Montreal, Europas Nutzervertretung werde vom europäischen Parlament und der Kommission unterstützt, Sponsoren werden allerdings noch gesucht, ein Teil der Organisationskosten soll über Mitgliedsbeiträge erwirtschaftet werden. "Sicherlich ist das nur die Rumpforganisation der ursprünglichen Nutzerbeteiligung," sagte Kleinwächter, "trotzdem sollte man die Chance nutzen." (Monika Ermert) / (jk)