Scheer: Forschungsgelder an Arbeitsplätze koppeln

Bei enger werdenden Budgets müsse man mehr auf die Effizienz der Forschung achten, meint der Wirtschaftsinformatiker und IDS-Scheer-Aufsichtsratschef August-Wilhelm Scheer.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Vergabe von Forschungsgeldern in Deutschland sollte künftig an die Schaffung neuer Arbeitsplätze gekoppelt und entsprechend kontrolliert werden, forderte der Saarbrücker Wirtschaftsinformatiker Prof. August-Wilhelm Scheer in einem dpa-Gespräch. Scheer, selbst Unternehmensgründer und heutiger Aufsichtsratschef des börsennotierten Beratungs- und Softwarehauses IDS Scheer AG, regte dazu auch eine verstärkte Zusammenarbeit von Bundesforschungs- und Bundesarbeitsministerium an.

"Im Augenblick ist es in der Forschungspolitik noch so, dass im wesentlichen der Antrag gefördert wird. Wer gute Anträge schreiben kann, der bekommt auch meist Geld", meinte Scheer. Hier seien Änderungen notwendig. "Wir können nicht mehr aus dem Vollen schöpfen und das Geld vorn und hinten aus dem Fenster werfen. Bei enger werdenden Budgets müssen wir mehr auf die Effizienz der Forschung achten".

Zur angeregten Verknüpfung der Forschungsgelder an neue Arbeitsplätze mit Erfolgskontrolle meinte Scheer: "Das muss gekoppelt werden -- wo sollen denn sonst die Arbeitsplätze für die nächste Generation herkommen und diese in die Lage versetzen, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen?" In Deutschland werde "oft auch mit guten Begründungen" viel Geld in der Forschung ausgegeben -- aber es gebe kein hinreichendes Kontrollsystem, das später nachsehe, ob die gesetzten Ziele auch erreicht worden seien.

"Es ist nicht so, dass in Deutschland zu wenig Ideen produziert werden. Nur: Die Ideen werden nicht genügend umgesetzt", bemängelte Scheer. "Was oft fehlt, ist das Denken in ganzen Zusammenhängen. Wenn es beispielsweise darum geht, wie bekomme ich aus der Forschung verwertbare Ergebnisse und wie werden diese Ergebnisse hinterher aufgenommen und zu einem großen Markterfolg gemacht", betonte Scheer.

Der 62-jährige Saarbrücker Wirtschaftsinformatiker und Berater der Regierung von Ex-Kanzler Helmut Kohl hat für seine Prozessmanagement-Software ARIS erst kürzlich den Philip Morris-Forschungspreis erhalten. Die lizenzierte Software wurde von IDS seit 1992 schon mehr als 40.000 mal in 14 Sprachen in 50 Länder verkauft. Neueste Software-Versionen bieten auch unternehmensübergreifende Geschäftsmodellierungsprozesse. Anfangsprobleme im US-Geschäft drückten noch bis vor einiger Zeit die Gewinne von IDS Scheer. Inzwischen werden auch hier nach Angaben der Firma Profite erwirtschaftet. Am Neuen Markt war die Aktie vom Allzeithoch 26 Euro bis auf etwa vier Euro verfallen, nähert sich aber jetzt im TecDax wieder ihrem Ausgabekurs von 12,50 Euro.

Für dieses Jahr erwartet IDS Scheer, an der SAP mit fünf Prozent beteiligt ist, ein über dem Markt liegendes profitables Wachstum. Der Gewinn 2003 soll nach ersten Prognosen auf jeden Fall höher ausfallen als im Vorjahr (23,7 Millionen Euro). Scheer, der 45 Prozent der Unternehmensanteile besitzt, hält trotz andauernder allgemeiner Wirtschaftsflaute an seinem ehrgeizigen Ziel fest, die Zahl der IDS-Beschäftigten von derzeit 2000 bis Ende 2006 auf 6000 aufzustocken. IDS Scheer übernahm vor wenigen Tagen erst das Osteuropa- und Nordamerikageschäft des IT-Beratungshauses Plaut aus Salzburg. (jk)