Mathematik und Krieg

Die großen Kriege sind vorbei und militärische Auseinandersetzungen ereignen sich eher auf lokaler Ebene. Militärs sprechen davon, dass ohne Computer Command, Control, Communication, Information Warfare, Sensorinformation nichts läuft.

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Von
  • Detlef Borchers

Die großen Kriege sind vorbei und militärische Auseinandersetzungen ereignen sich eher auf lokaler Ebene. Sie bleiben aber militärische Auseinandersetzungen, in denen es auf den richtigen Schlag und die richtigen Informationen ankommt. Während sich an der Geschwindigkeit von Schiffen, Flugzeugen und Raketen wenig ändert, wandelt sich die Technik rapide. Militärs sprechen vom computerunterstützten CCCIWS, bei dem ohne Computer Command, Control, Communication, Information Warfare, Sensorinformation nichts läuft.

In diesem Szenario kommt den Mathematikern neue Bedeutung zu. Ihre Arbeiten zur Simulationstheorie, Optimierung und zur Spieltheorie liefern vielleicht das Quentchen mehr Leistung, das die Überlegenheit gegenüber dem Gegner sichert. Auf der dreitägigen Konferenz "Mathematics and War" treffen sich Mathematiker, Wissenschaftshistoriker und Militärs im schwedischen Karlskrona, um über die Rolle der Mathematik und der Mathermatiker nachzudenken. Mit der Veranstaltung wird der 65. Geburtstag des dänischen Mathematikers Bernhelm Booss-Bavnbek gefeiert, der 1982 auf einer Veranstaltung der Carl v. Ossietzky-Universität Oldenburg den Anstoß für die Erforschung des damals recht unbekannten Feldes gab.

Obwohl 20 Jahre vergangen sind, ist die Veranstaltung im ehemaligen schwedischen Militär-Hauptquartier Karlskrona die erste ihrer Art, auf der sich Wissenschaftler am Überschreiten ihre Fachgrenzen üben konnten -- und immer wieder auf den Computer zu sprechen kamen. So referierte die Militärhistorikerin Kathleen Williams über den Lebenslauf der glänzenden Mathematikerinnen Grace Hopper und Mina Rees, die den Einsatz von Computern beim Militär durchsetzten. Der Mathematiker Philip J. Davis ("Erfahrung Mathematik") betrachtete die Verzahnung einer Mathematik, die immer bessere Verfahren zur Berechnung von Polygonen produziert, mit den aktuellen Entwicklungen auf dem Markt der Computerspiele und der militärischen Schlachtfeldsimulation.

Spannung erhält die Konferenz vor allem dadurch, das neben den Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen auch "Praktiker" das Wort haben. So lieferte sich der dänische Generalleutnant A.D. Svend Bergstein und sein Landsmann Svend Clausen von der Militärakademie einen Disput darüber, ob ein Krieg berechnet werden kann. Clausen wie später auch der schwedische Militäranalytiker Helge Lofted bejahten die Frage: Wenn die mathematischen Modelle verbessert und skalierbar werden, wenn die Computer schneller und zuverlässiger werden, könnten Kriegszenarios zuverlässig durchgerechnet werden und als Entscheidungshilfen in der Politik dienen. Bemerkenswert dabei, dass der später von Ralf Bendrath (Forschungsgruppe Informationsgesellschaft und Sicherheitspolitik) vorgestellte Cyberwar bei den Militärs so gut wie keine Rolle spielte. (Detlef Borchers) / (jk)