CeBIT-Nachlese: "Gute Stimmung, hohe Besucherzahlen"

Zum heutigen Ende der CeBIT schwelgen die Veranstalter in Superlativen; die Trends jedenfalls waren eindeutig, und auch manch Kurioses gab es zu bestaunen.

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Von
  • Klaus Peeck

Zum heutigen Ende der Computermesse CeBIT schwelgen die Veranstalter in Superlativen: 8.106 Aussteller habe man zählen können und 830.000 Besucher – fast 50.000 mehr als im Vorjahr. Diesem Trend zugute kommt allerdings eine in diesem Jahr neu eingeführte, großzügigere Zählweise, die jetzt auch eventuelle tägliche Mehrfachbesuche von Dauerkarten-Inhabern einzeln aufrechnet. Demnach hat es in diesem Jahr korrekterweise 830.000 Besuche beziehungsweise registrierte Messezutritte gegeben, wobei die Veranstalter betonen, dass "selbst unter Berücksichtigung dieses Sondereffektes wieder ein Besucherrekord zu verzeichnen war".

Ebenfalls weiter gestiegen sei die "Qualität der Besucher", die die Messeleitung nach eigener Aussage vor allem anhand der Quote ausländischer Besucher messen zu können glaubt – der Anteil an Besuchen durch ausländische Gäste lag heuer bei 19,4 Prozent und damit um knapp drei Prozentpunkte über dem Vorjahreswert (16,7 Prozent). Auch die gestiegene Zahl an Gästen "mit Entscheidungsbefugnis" gilt in Messekreisen als Qualitätsmerkmal, und natürlich die Frage, ob der Messebesuch beruflich oder aus privatem Interesse motiviert war. Im Rahmen einer repräsentativen Messebefragung kam die Deutsche Messe AG zu dem Ergebnis, dass 715.000 Messebesuche – über 86 Prozent aller Besuche – berufliche Gründe hatten.

Die Privatbesucher mögen sich auch in diesem Jahr von den horrenden Eintrittspreisen abgeschreckt gefühlt haben: An der Tageskasse waren für ein Einzelticket 65 Mark zu entrichten, eine Dauerkarte schlug sogar mit 150 Mark zu Buche. Den Andrang von jugendlichen Interessenten, also Schüler ab 15 Jahren, und Studenten versuchte man mit einer nur an den unattraktiven beziehungsweise minder frequentierten Messetagen Sonntag und dem heutigen letzten Messe-Mittwoch gültigen Sonder-Eintrittskarte für 30 Mark zu kanalisieren.

Die Zahl der CeBIT-Aussteller stieg gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig an: 8.106 Unternehmen präsentierten sich den Gästen – gegenüber 7.891 im Jahre 2000 – davon kamen 3.060 (rund 38 Prozent) aus dem Ausland. Die Messeleitung interpretiert diesen Aspekt als "gestiegene Internationalität" und weist im Einzelnen die taiwanischen Anbieter mit 529 Ausstellern auf 14.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche als größte Gruppe aus, traditionell gefolgt von den US-Amerikanern mit 478 Unternehmen auf 12.500 Quadratmetern. Auf Seiten der Europäer führte erneut Großbritannien mit 333 Unternehmen, gefolgt von der Schweiz (121), Schweden (111), Frankreich (107) und den Niederlanden (98).

"Mobilität" war eines der vorherrschenden Themen auf der CeBIT 2001, vor allem in den unterschiedlichsten Variationen des drahtlosen Internetzugangs, vertreten etwa durch Handys der dritten Generation, PDAs oder – als Symbiose beider Gattungen – durch Smartphones. Gleich mehrfach vorgestellt wurden spezielle auf den Internetzugang ausgerichtete "WebPads", also größerformatige Stiftcomputer zum drahtlosen Surfen, völlig losgelöst via GSM- oder für den Heimeinsatz in DECT-Technik. Den "Mobility"-Trend schlechthin besetzte auf der Messe aber – wie erwartet – der neue Funkstandard Bluetooth: Ob Headsets, Handys, Organizer oder Drucker, es gab fast nichts, was auf der Messe nicht in einer Bluetooth-Version präsentiert wurde und damit (in der Bluetooth-Pico-Version) fähig war zur drahtlosen Kommunikation im Umkreis von rund 10 Metern – "selbst durch dicke Mauern", wie eine dpa-Reporterin staunte.

Um die Leistungsfähigkeit von Bluetooth zu dokumentieren, wurde zudem kurzerhand die gesamte Halle 13 mit "dem größten Bluetooth-Netzwerk der Welt" überzogen und die Besucher mit Leih-Laptops zum Ausprobieren animiert. Mit den geliehenen Geräten funktionierte dies auch offensichtlich recht gut – wer Bluetooth-Geräte selbst mitbrachte, hatte dagegen allzuoft Schwierigkeiten mit dem Netz. So ganz haben sich die Hersteller auf die Implementation des Standards wohl nicht geeinigt; Kompatibilitätsprobleme zwischen den Geräten einzelner Firmen könnten Bluetooth also in der nächsten Zeit noch etwas das Leben schwer machen.

Der Trend zu drahtlosen Kommunikationslösungen sei auch auf der Softwareseite ein vorherrschendes Thema gewesen, meldet die Messeleitung. "Internet Appliances" stellten neue Dienste, etwa ortsbezogene Informationen, Wetterauskünfte, Börsendaten und sogar den aktuellen technischen Zustand eines Fahrzeugs für den Verbraucher individuell bereit. Hierbei nutzten "intelligente" webbasierte Programme verteilte Applikationen und kommunizierten selbstständig miteinander, um die unterschiedlichen Funktionen automatisch zu verbinden. Für diese Anwendungen habe sich XML als Standard etabliert, hieß es in der Branche übereinstimmend.

"Die Branche revolutionieren" soll künftig das Application Service Providing (ASP), also das Vermieten von Software übers Internet. Hierzu müsse der ASP-Kunde die Software nicht mehr einzeln auf seinen Rechner, auf sein Smartphone oder auf seinen PDA installieren, sondern er greife im Falle des Nutzungsbedarfs lediglich auf den ASP-Server zu, übermittle diesem die Ausgangsdaten und erhalte die berechneten Ergebnisse gegen Entgelt zurückgesandt. Entsprechende Lösungen wurden unter anderem von SAP und Lotus gezeigt.

Natürlich durften auch Kuriositäten auf der Messe nicht fehlen, wie das "perfekte Handy für weibliche Bedürfnisse" von der Firma Samsung, das neben seiner puderdosenähnlichen Form und der wahlweisen Farbe "Lippenstift-Rot" auch eine Einrichtung zum Kalorienzählen und einen Zykluskalender bereitstellt. Letzteren als Verhütungshilfe einzusetzen, dürfte aber zumindest als "riskant" zu bewerten sein: Der Pearl-Index für die verwandte Knaus-Ogino-Methode liegt zwischen 14 und 40, beschert also 100 Frauen übers Jahr gesehen 14 bis 40 ungewollte Schwangerschaften (zum Vergleich: "Die Pille" ist um eine bis zwei Zehnerpotenzen zuverlässiger). Nach Aussagen einer Samsung-Sprecherin "ziert das Gerät mit seinem Design natürlich auch Männer", wobei in diesem Falle möglicherweise ungünstig zu vermerken wäre, dass der eingebaute Zykluskalender nicht "mandantenfähig" ist, sondern jeweils nur eine Zyklenreihe verwalten kann.

Unabhängig vom Handy-Modell zeigt sich hingegen das Angebot der Viag interkom, deren neuer SMS-Dienst den polyglotten Nutzer unterstützen soll: Fehlt diesem beispielsweise im Spanien-Urlaub die Übersetzung für das Wort "Bier", sendet er einfach dem Viag-Rechner eine SMS-Übersetzungsanfrage. Sofern das gesuchte Wort in dem rund 100.000 Begriffe umfassenden Wortschatz der Viag-Datenbank enthalten ist, kommt die Antwort prompt als SMS zurück, und das auf Spanisch als "cerveza" zu ordernde Bier verteuert sich im selben Zuge um 39 Pfennige.

Häuslich aber gleichsam kontaktfreudig zeigt sich schließlich die Internet-Waschmaschine der Firma Miele. Diese kann nicht nur fernbedient und zur Abgabe von Wasch-Reports genötigt werden, sondern auch im Rahmen einer Selbstdiagnose im Fehlerfall per SMS den Hausmeister oder den Kundendienst alarmieren. Ein Wehrmutstropfen – zumindest auf der Kostenseite – stellt das zum Betrieb nötige "Familienterminal" dar, das satte 3.000 Mark kosten, dafür aber auch in der Lage sein soll, Heizung und Licht im Hause zu schalten.

Neben der Präsentation von Produkten und Dienstleistungen bot die CeBIT auch in diesem Jahr wieder umfangreiche Tagungs- und Vortragsangebote und versteht sich damit nach Angaben der Ausrichter auch als der weltgrößte Kongress der IT-Branche. So wurden im Tagungsbereich der Halle 1 und im "Convention Center" zu rund 950 Firmenvorträgen über 40.000 Teilnehmer gezählt. Aktuelle Themenschwerpunkte waren das E-Business und die Datensicherheit im Internet – hierzu stellte beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) seine "Task Force Sicheres Internet" vor, die Innenminister Schily im letzten Jahr ins Leben gerufen hatte, um "das Bedrohungspotenzial zu sondieren und erforderliche Gegenmaßnahmen zu erarbeiten.". Weiterhin gab es Informationen zum "Gesetz zur digitalen Signatur" und zum "Internationalen Standard für die Zertifizierung von IT-Sicherheitsprodukten und -systemen".

Als beinahe selbstverständlich kann gelten, dass die CeBIT auch das Forum fürs Anwerben von EDV-Nachwuchs darstellt. Eine wesentliche Rolle spielte nach Angaben der Messeleitung der zum zweiten Mal veranstaltete "Job Market" in der Halle 10, in dem rund 160 Firmen – darunter Personalagenturen, Jobvermittler, Verlage und Unternehmen – Berufsein- und -umsteiger über den aktuellen Stellenmarkt im IT-Bereich informierten. Über eine Metasuchmaschine konnte hierzu auch vor Ort auf ca. 25 Jobbörsen mit 180.000 Stellenangeboten (und 120.000 Stellengesuchen ...) zugegriffen werden. 90.000 Menschen sollen den Weg zum "Job Market" gefunden haben, wobei die Kontakte vorwiegend informellen Charakter gehabt und weniger zu konkreten Vertragsabschlüssen geführt haben sollen.

Sozusagen als Bonbon haben die Messe-Verantwortlichen schließlich noch eine besondere Besuchergruppe der CeBIT herausgestellt, nämlich die der Aktionäre: Erstmals habe sich eine große Zahl von Aktionären, häufig unmittelbar bei den Geschäftsleitungen, über die Perspektiven der Unternehmen informiert. Danach boome die Branche weiterhin wie keine andere. Und das diesbezügliche Fazit der Messegesellschaft ist ebenso schlicht wie selbstbewusst: "Die CeBIT 2001 hat grünes Licht für steigende Börsenkurse gegeben." (klp)