Datenbank verschluckt Atomwaffen-Material

Wegen Fehlern in Microsofts SQL-Server wurde die Software für das amerikanische System zur Verwaltung spaltbaren Materials unsicher.

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Von
  • Lars Bremer

Wissenschaftler des Moskauer Kurtschatow-Instituts haben nach eigenen Angaben fatale Fehler in amerikanischer Software zur Verwaltung spaltbaren Materials entdeckt, meldete die Washington Post. Das Institut erhielt die Software, die auch jahrelang das Rückgrat des amerikanischen Systems zur Kontrolle nuklearen Materials bildete, vom Los Alamos National Laboratory, um die große Menge atomwaffentauglichen Materials aus dem Erbe der Sowjetunion sicher verwalten zu können. Auf Grund eines Fehlers in Microsofts SQL-Server 6.5 würden aber Datensätze unsichtbar, die jedoch in den Niederungen der Datenbank noch vorhanden seien, heißt es in dem Bericht; ein Experte könnte sich das zu Nutze machen und tatsächlich für den Bau von Kernwaffen geeignetes Material beiseiteschaffen.

Bei einer angenommen Nutzung des Programms über zehn Jahre könne eine zum Bau von mehreren tausend Kernwaffen ausreichende Menge spaltbaren Materials aus der Datenbank "verschwinden", errechneten die russischen Wissenschaftler. Anfang 2000 informierten sie ihre Kollegen in Los Alamos darüber. Sowohl dort als auch in der Energie-Behörde musste man zugeben, dass dies bislang völlig unbemerkt geblieben war.

In der darauf folgenden Aktualisierung der Software, die mit Microsofts SQL-Server 7.0 arbeitete, entdeckten die Kurtschatow-Leute nach ihren Angaben nicht nur den gleichen Fehler, wenn auch in abgeschwächter Form, sondern auch eine vorher nicht vorhandene Sicherheitslücke, die Hackern einen leichten Zugriff auf die Datenbank erlaubte. Beide Probleme wurden laut dem US-Blatt von Los Alamos und Microsoft bestätigt. Die zu ergreifenden Maßnahmen werden nun nicht billig: Experten schätzen, dass die US-Energiebehörde eine Milliarde US-Dollar ausgeben muss, um alle Bestände an nuklearem Material zu untersuchen – ohne Garantie, etwa schon beiseite geschafftes Material zu bemerken.

Der bisherige Schriftwechsel mit den russischen Wissenschaftlern, die bislang zu einer weiteren Stellungnahme nicht zu erreichen waren, ist inzwischen auf der Webseite des Center for Defense Information abrufbar. (lab)