Nvidia präsentiert 3D-Chip GeForce4

Der Grafikspezialist stellte den GeForce4-Chip offiziell vor, mit dem die US-Chipkünstler wieder am Radeon 8500 des kanadischen Konkurrenten ATI vorbeiziehen wollen.

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Von
  • Manfred Bertuch
  • Erich Bonnert
  • Laurenz Weiner

Grafikspezialist Nvidia stellte in San Francisco den GeForce4-Chip nun auch offiziell vor, mit dem die amerikanischen Chipkünstler wieder am Radeon 8500 des kanadischen Konkurrenten ATI vorbeiziehen wollen. Genau genommen präsentiert Nvidia aber eher einen "GeForce3,5", schließlich handelt es sich nicht um eine neue Architektur, sondern um eine auf Geschwindigkeit optimierte Variante des GeForce3.

Die schnellste Ausführung, der GeForce4 Ti4600, bringt es auf einen Chiptakt von 300 und einen Speichertakt von 325 MHz (GeForce3 Ti500: 240/250 MHz). Die Speicherbandbreite erreicht damit einen theoretischen Spitzenwert von beeindruckenden 10,4 GByte/s. Die höheren Takte sind hauptsächlich schnelleren DDR-DRAMs im neuartigen Micro-BGA-Gehäuse zu verdanken. Nvidia sieht auf seinen Referenz-Boards gleich 128 MByte Speicher vor, da die Anwender angeblich immer häufiger das Antialiasing zur Glättung der Kanten einschalten. Bei 64 MByte ist dann der verbleibende Platz für Texturen zu knapp und für 4x-FSAA bei 1600 x 1200 Bildpunkten sind 64 MByte gar nicht geeignet.

Außer höheren Arbeitstakten verhilft der 3D-Spezialist seinem Flaggschiff auch durch einen doppelt ausgeführten Vertex Shader (programmierbare T&L-Einheit für Geometrie- und Beleuchtungsberechnungen) zu höherer Leistung -- ein Merkmal, das auch den X-Box-Grafikchip auszeichnet. Das lässt den Durchsatz nach Nvidias Angaben auf maximal 86 Millionen 3D-Punkte pro Sekunde steigen, also auf den 2,5fachen Wert des GeForce3 Ti500. Die X-Box mit ihrem 233 MHz schnellen NV2A-Chip käme bei gleicher Rechnung auf 67 Millionen 3D-Punkte pro Sekunde. Auch der Pixel-Shader, der aus den Texturen die endgültige Pixelfarbe ermittelt, soll bis zu 50 Prozent schneller arbeiten können.

Einen weiteren entscheidenden Beitrag zur Leistungssteigerung soll das Memory-Interface "Lightspeed Memory Architekture II" leisten. Beim GeForce3 führte Nvidia bereits vier unabhängige Controller (Crossbar) ein, um den Output der vier Pixelpipelines möglichst effizient zu 256-Bit-Datenzugriffen zusammenzufassen. Dazu kommt "Occlusion Culling", also das Aussortieren verdeckter Pixel vor deren Berechnung, und eine verlustlose 4:1-Kompression der Z-Daten. Neu ist "Fast Z-Clear", eine schnelle Initialisierung des Tiefenpuffers, die ATI auch beim Radeon implementiert hat. Zu den Neuerungen zählt ferner das Antialiasing-Verfahren "Accuview", dass einen Schreibzyklus einspart. Der Leistungsverlust sei bei "2x"-FSAA und "Quincunx" nur noch minimal. Mit "4xS" führen die Amerikaner einen zusätzlichen FSAA-Modus ein, der durch S-förmige Verteilung der Subpixel eine noch bessere Kantenglättung erreichen soll.

Für Bildschirmarbeiter mit großem Platzbedarf spendiert Nvidia einen vollwertigen zweiten Bildschirmausgang mit ebenfalls 350 MHz Pixeltakt. Wie bei ATI sind jetzt auch bei Nvidia alle Zweier-Kombinationen aus Röhrenmonitoren, Flachbildschirmen und TV-Geräten mit einer Reihe von Komfortfunktionen ("nView") möglich.

Nach Nvidias Zeitplan sollen Grafikkarten mit dem GeForce4 Ti4600 im Februar/März verfügbar werden. Der Preis für das Spitzenmodell wird voraussichtlich bei 480 Euro liegen. Etwas kostengünstiger soll die Variante Ti4400 mit 275 MHz Chip- und Speichertakt in den Handel kommen. Um die Termine einzuhalten, habe Nvidia vier Produktionsstraßen beim Chiphersteller TSMC reserviert. Für GeForce3 seien es nur zwei gewesen, verriet Marketing-Chef Tony Tamasi.

Zu Preisen um 200 Euro sind Produkte mit dem GeForce4 MX zu erwarten. Diese Variante besitzt wie der alte MX-Chip nur zwei Pipelines und keine Vertex- und Pixel-Shader. Seine 3D-Fähigkeiten entsprechen also dem DirectX-7-Chip GeForce2 mit festverdrahteter T&L-Einheit. Der neuen MX-Chip verfügt aber über einen leistungsfähigen zweiten Bildschirmausgang und über das schnellere Antialiasing-Verfahren, ist also eher ein "GeForce2,5 MX". Er unterstützt zudem DVD-Playback besser, da er mit einer zusätzlichen iDCT-Stufe ausgestattet ist. Den GeForce4 MX soll es in drei Versionen (MX 420, 440, 460) mit 250, 270 und 300 MHz geben. Bei der Speicherbestückung haben die Kartenhersteller die Wahl zwischen 166 MHz schnellem SDR-DRAM beim MX 420 sowie DDR-DRAM mit Taktfrequenzen zwischen 200 und 275 MHz bei den beiden schnelleren Varianten.

Die offizielle Vorstellung der neuen Chipfamilie geriet jedoch eher zu einer Vollzugsmeldung: In Apple-Rechnern und Notebooks von Toshiba ist der Grafikprozessor bereits seit einiger Zeit erhältlich. Praktisch alle Handelspartner des Grafikspezialisten -– Kartenhersteller, Grafiksystem- und PC-Bauer -– haben bereits in den letzten Wochen Geforce-Chips aus der Einstiegsklasse MX erhalten und wetteiferten um den besten Verkaufsstart. Daher waren bereits zahlreiche Details und Bilder der Pixelrechner an die Öffentlichkeit gelangt. Trotzdem fasste Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang beim Start in San Francisco in aufgeräumter Stimmung noch einmal zusammen, was die neuen Grafikprozessoren angeblich so einzigartig macht. Die gute Laune hat einen weiteren Grund: Gleichzeitig mit dem GeForce4-Start feiert man bei Nvidia die gerade erreichte Auslieferung von 100 Millionen 3D-Chips. (Manfred Bertuch, Erich Bonnert) / (law)