IFA

Set-Top-Boxen-Entwickler in Nöten

Nachrichten über insolvente Hersteller von Set-Top-Boxen mit erweiterten Multimedia-Funktionen dämpfen die Stimmung der Branche.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Laurenz Weiner

Für einige Entwickler von Set-Top-Boxen mit erweiterten Multimedia-Funktionen (DVD, Internet, interaktives Fernsehen) scheint die auf der IFA als marktöffnender Standard umjubelte Multimedia Home Platform (MHP) zu spät zu kommen. Neben der Hildesheimer MetaBox AG, die schon seit längerer Zeit für Schlagzeilen in der Wirtschaftspresse sorgt, stecken die Paderborner Axcent AG und die in Bad Vilbel ansässige Multimedia Technologies AG in der Krise.

Axcent hat den MediaTV-Receiver entwickelt, den Grundig als Personal Videorecorder (PVR) Selexx vermarktet. Der wegen seines bedienerfreundlichen Konzepts oft gelobte DVB-Recorder fand jedoch bisher nicht genügend Abnehmer. Von den für das erste Halbjahr 2001 anvisierten 10.000 Geräten konnte Grundig noch nicht einmal 6.000 Stück absetzen. Bei Axcent betrachtet man Grundig inzwischen wohl als den falschen Partner. Die Nürnberger haben offenbar genug eigene Probleme, die sie an offensiven Vermarktungsstrategien und marktgerechten Preisen hindern.

Ursprünglich wollte die Axcent AG auf der IFA die zweite Generation ihres MediaTV-Konzepts vorstellen, doch dazu kam es nach dem am 17. August gestellten Insolvenzantrag nicht mehr. Aber für MediaTV2 gibt es schon einen neuen Partner: Die Lamaqq GmbH präsentiert auf dem Astra-Stand in Halle 1.2a einen entsprechenden personalTV-Recorder. Axcent gibt sich wohl auch deshalb optimistisch, Investoren für eine Auffanggesellschaft finden zu können.

Auch über die Multimedia Technologies AG hört man in Branchenkreisen, sie sei in extremen Zahlungsschwierigkeiten. Tatsächlich haben die MultiMedia-Technologies-Töchter Multimedia Online AG, MultiMedia Systems AG, MultiMedia Electronics GmbH und MultiMedia Sales GmbH bereits Ende Juli Einzel-Insolvenzanträge gestellt. Voraussichtlich wird die MultiMedia Technologies AG ihre insolventen Töchter auffangen, sofern sich neue Investoren finden. Eigentlich wollte die AG auf der IFA ihr MediaPortal der zweiten Generation demonstrieren, trat dann aber kurzfristig zurück. Immerhin gibt es für das Gerät bereits einen neuen Vertriebspartner. Auf dem Stand der Hamburger SM Electronic GmbH findet man das MediaPortal jetzt unter der Marke "Skymaster" (Halle 2.2a, Stand 05).

Dessen ungeachtet präsentieren andere Hersteller wie Nokia (Mediaterminal), Micronik (MovieNet 1500), Galaxis (x-treme) oder Fujitsu Siemens (Activy) ihre aufgebohrten DVB-Receiver. Doch überall zeigt man sich sehr verhalten, wenn es um die Einschätzung der derzeitigen Marktchancen für diese Geräte geht. Micronik zum Beispiel siedelt den MovieNet-DVR vorsichtshalber vorrangig im Business-Bereich an, wo es mit seinem LAN-Connector vorhandene Netzwerkressourcen nutzen kann. Die gleiche Zielgruppe sieht auch Galaxis für x-treme und den nur im Hinterzimmer zu bestaunenden Prototyp einer MHP-Box auf Linux-Basis.

Kaum ein Hersteller rechnet offenbar damit, in naher Zukunft größere Stückzahlen der neuen Receiver-Klasse an private Endkunden absetzen zu können, zumal viele der neuen Funktionen bisher nur einer Minderheit bekannt sind. Die Nachrichten über insolvente Mitbewerber dürften die Sorgenfalten der Produktmanager noch ein wenig vertiefen. (law)