Nur ein US-Bundesstaat führt Microsoft-Prozess weiter

Massachusetts will im Kartellprozess in die Berufung gehen und den aussergerichtlichen Vergleich zwischen Microsoft und dem US-Bundesjustizministerium anfechten.

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Von
  • Erich Bonnert

Nachdem Richterin Colleen Kolar-Kotelly vom Bezirksgericht in Washington D.C. den Vergleich abgesegnet und dem Software-Monopolisten gleichsam Absolution erteilt hatte, blieb neun Bundesstaaten noch die Möglichkeit einer Berufung. Nur der Generalstaatsanwalt des von Demokraten regierten Massachusetts hat sich zu diesem Schritt entschlossen. West Virginia hat zwar noch bis Montag Zeit, die Verantwortlichen haben aber bereits ihren Verzicht signalisiert. Die anderen sieben Staaten, darunter das bislang federführende Kalifornien, geben auf.

Generalstaatsanwalt Tom Reilly aus Massachusetts aber bleibt dran. Der Demokrat aus Neuengland verlangt vom U.S. Berufungsgericht schärfere Sanktionen gegen den Softwaremarktführer. Microsoft wurde mehrerer Missbräuche seines Betriebssystemmonopols und illegaler Geschäftspraktiken überführt. Der vor rund einem Jahr geschlossene Vergleich sei voller Schlupflöcher, erklärte Reilly in der Begründung seiner Berufung. "In dem Abkommen steht nichts, was die Geschäftspraktiken von Microsoft grundlegend ändern würde," sagte er. Massachusetts sei bereit, den Rechtsstreit alleine weiter zu führen.

Ursprünglich waren 21 Staaten als Mitkläger des Bundesjustizministers aufgetreten. Drei davon sprangen vor Prozesseröffnung ab. Die Hälfte der verbleibenden 18 Staaten schloss sich dem umstrittenen Vergleich an. Die restlichen neun Staaten führten den Prozess bis zum Urteil Anfang dieses Monats weiter.

Im Zuge der jetzt eingereichten Berufung wurde auch bekannt, dass Microsoft den klagenden Bundesstaaten Anwaltskosten in Höhe von 25 Millionen Dollar erstatten muss. Dazu kommen 3,6 Millionen für die gesamten entstandenen Kosten zur Überwachung von Microsofts Geschäftstätigkeit. Die Firma hatte zuvor bereits den neun Staaten, die sich sofort dem Vergleich angeschlossen hatten, eine um zehn Millionen Dollar höhere Rückzahlung versprochen. Die öffentliche Hand kommt bei dieser Regelung nach Ansicht von Fachleuten gut weg, denn der Betrag liege weit über den tatsächlich entstandenen Kosten. Trotzdem wird Microsoft diese Bürde kaum spüren: Der Betrag von insgesamt 28,6 Millionen Dollar ist zu unbedeutend, sagte Microsoft (Nettogewinn des laufenden Jahres: 7,8 Milliarden Dollar), um ihn in der Meldung an die Finanzaufsicht ausweisen zu müssen. (Erich Bonnert) / (mw)