Software lässt Fußball-Roboter aus Fehlern lernen

Informatiker an der Universität Karlsruhe haben sich mit neuer Software auf die Weltmeisterschaft im Robot-Fußball in Seattle vorbereitet.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Michael Ott
  • dpa

Als Fußballtrainer ist Martin Riedmiller gnadenlos. Drei Tage ohne Unterbrechung lässt er seine Mannschaft manchmal auf dem Spielfeld umherlaufen. Doch die nimmt es ohne zu stöhnen hin. Denn die Spieler sind rote Punkte auf einem Computer-Bildschirm. Und Riedmiller ist nicht Sportler, sondern Informatiker an der Universität Karlsruhe. Er hat ein ehrgeiziges Ziel: Zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern will er Anfang August die Weltmeisterschaft im Roboter-Fußball in Seattle gewinnen - und dabei zeigen, wie weit die Forschung auf dem Gebiet künstliche Intelligenz fortgeschritten ist.

Riedmiller arbeitet an Computer-Programmen, die es Maschinen ermöglichen sollen, aus Fehlern zu lernen und sich so selbstständig auf neue Aufgaben einzustellen. "Derzeit muss man jede Bewegung eines Roboters programmieren. Was man ihm nicht sagt, das macht er auch nicht", erklärt der 35-Jährige. Komplexe Aufgaben, bei denen sich ständig neue Situationen ergeben, scheiden damit aus. "Schließlich ist es unmöglich, dem Roboter für jede denkbare Situation ein Verhalten vorzugeben."

Riedmiller verfolgt deshalb mit seinem sechsköpfigen Team "Karlsruhe Brainstormers" einen anderen Ansatz. Ihr Programm gibt dem Roboter einige Verhaltensweisen vor, aus denen er auswählen und die er kombinieren kann. Und es sagt ihm anschließend, ob sein Verhalten zu einem Erfolg geführt hat. “Wir sagen unseren virtuellen Spielern also: Ihr könnt euch drehen, dribbeln, Flanken schießen und euch freilaufen. Und nach dem Spielzug sagen wir ihnen, ob ihre Mannschaft ein Tor geschossen hat", erklärt der Software-Spezialist. Diese Informationen speichert das Programm zehn Mal pro Sekunde ab. Bei einer ähnlichen Situation weiß der Spieler somit, welches Verhalten er wählen muss, damit seine Mannschaft ein Tor schießt.

Je mehr Situationen die Spieler kennen, desto besser werden sie also", sagt Riedmiller. Das erfordert langes Training. "Derzeit muss ein Spieler bis zu fünf Millionen Trainingseinheiten abspeichern, damit ein flüssiges Spiel zu Stande kommt." Für die Industrie sind die Forschungsergebnisse der Karlsruher von großem Interesse. Maschinelles Lernen lässt sich nicht nur zur Steuerung von Robotern, sondern etwa auch von Automotoren einsetzen: Der Elektronik wird vorgegeben, dass sie die Benzin- oder Luftzufuhr verändern kann, und sie ermittelt dann mehrmals pro Sekunde, ob mit der gewählten Kombination gute oder schlechte Verbrauchsergebnisse erzielt werden.

Noch ist die Software aber nicht praxistauglich. "Wenn ein Autohersteller hört, dass das Programm zuerst ein paar Millionen Situationen analysieren und speichern muss und dass dabei auch hin und wieder ein Motor kaputt gehen kann, wird sich sein Interesse in Grenzen halten", vermutet Riedmiller. Es gehe daher jetzt darum, die Zahl der notwendigen Analysen auf maximal 1000 zu senken. Dazu braucht das Team nach eigener Schätzung noch mindestens fünf Jahre.

Im internationalen Vergleich liegen die "Karlsruher Brainstormers" weit vorne. Bei den German Open im Roboter-Fußball sicherten sie sich Anfang Juni in Paderborn den zweiten Platz hinter dem amtierenden Weltmeister FC Portugal. Auch in Seattle wollen sie sich unter den 80 erwarteten Mannschaften oben in der Tabelle platzieren. "Bis dahin werden wir unsere Spieler noch einige hundert Stunden über den Platz jagen", sagt Cheftrainer Riedmiller. Bereits Mitte Juni war es dem Roboter-Team der Universität Dortmund gelungen in der Europameisterschaft der MiroSot-Robotklasse den Vize-Titel zu erringen. Siehe dazu auch: Telepolis: Software-Agenten endecken den Doppelpass. (Michael Ott, dpa) / ()