Telekom-Konkurrenz wettert gegen "Zahlenkosmetik"

Die Entscheidung der Regulierungsbehörde zu den Gebühren für einen Anbieterwechsel im Ortsnetz wird von allen Seiten kritisiert.

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Von
  • Urs Mansmann

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat die Kosten für die Anschlussübernahme im Ortsnetz um rund 20 Prozent gesenkt. Die neuen Preise liegen erwartungsgemäß deutlich unter den alten; die "Übernahme ohne Arbeiten beim Endkunden" beispielsweise kostet künftig 70,56 Euro, bisher mussten die Telefongesellschaften dafür 92,59 Euro bezahlen. Die letzte Entscheidung in dieser Sache erging im März 2001, allerdings waren die Entgelte nur auf ein Jahr befristet.

Fast schon aber könnte man an ein geheimnisvolles Ritual glauben: Sobald die Regulierungsbehörde eine Kostenentscheidung im Festnetzbereich verkündet, ertönt laute Kritik: Die Telekom sieht sich ungerecht behandelt, hält die mit der Entscheidung verbundenen Einnahmen für zu niedrig; die Telekom-Konkurrenten wiederum legen eigene Berechnungen vor, tadeln die Regulierungsbehörde für die zu hoch ausgefallene Kostenentscheidung mit harschen Worten.

Der Sprecher der Regulierungsbehörde, Harald Dörr, sieht das gelassen: "Die Kritik haben wir nicht anders erwartet." Nach zahllosen Kostenentscheidungen kommt das darauffolgende Theater tatsächlich so überraschend wie ein Sonnenaufgang. Der Präsident der RegTP, Matthias Kurth, betont, dass der Entscheidung "tiefgehende Kostenuntersuchungen" vorausgegangen seien, will heißen, die Behörde habe die Entscheidung nicht mit lockerer Hand getroffen, sondern sehr sorgfältig vorbereitet.

Während der Telekom-Sprecher Frank Domagalla gegenüber heise online mit vorsichtigen Worten bedauert, dass die "Kostenstrukturen der Telekom nicht in voller Höhe berücksichtigt wurden", haut die Konkurrenz richtig auf den Putz. Der Bundesverband der regionalen und lokalen Telekommunikationsgesellschaften (BREKO) sieht lediglich "Zahlenkosmetik". Geschäftsführer Frank Lüddemann wettert: "Jede Absenkung um weniger als 50 Prozent ist Makulatur und verschleiert die tatsächlich recht niedrigen Bereitstellungskosten."

Auch der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) schwingt verbal die große Keule: "Mit dieser Entscheidung zahlen die Wettbewerber weiterhin mehr an die Telekom als deren direkte Privatkunden. So kann Wettbewerb einfach nicht funktionieren und die RegTP weiß das. Die Fehler der Vergangenheit werden nicht korrigiert und als Gehilfen der Deutschen Telekom AG benötigen wir die Regulierungsbehörde nicht", so der VATM-Präsident Joachim Dreyer. Auch der größte Telekom-Wettbewerber Arcor meldet sich zu Wort: "Völlig unzureichend" sei die Senkung um 20 Prozent, so der Arcor-Chef Harald Stöber. Der Regulierer verhindere so fairen Wettbewerb im Ortsnetz. Die Kritik Stöbers entzündet sich vor allem daran, dass die Regulierer-Entscheidung offenbar sehr nahe am Entgelt-Antrag der Telekom liegt.

Immerhin: Die Preise für die Anschlussübernahme durch die Konkurrenz liegen tatsächlich immer noch über denen, die die Telekom ihren Privatkunden für die Bereitstellung eines neuen Anschlusses berechnet. Trotzdem sind die Einmalentgelte offenbar gar nicht der Hauptkriegsschauplatz. Entscheidend, so ist in Branchenkreisen hinter vorgehaltener Hand zu hören, seien vielmehr die immer wieder zu entrichtenden monatlichen Entgelte für die Miete der Teilnehmeranschlussleitung. Schließlich wechselten Telefonkunden ihren Anbieter nicht allzu häufig. Die monatlichen Kosten hat die Regulierungsbehörde erst vor wenigen Wochen im "Line-Sharing"-Verfahren deutlich gesenkt. Nun wird erst einmal wieder Ruhe einkehren -- bis zur nächsten Reguliererentscheidung. (uma)