Wirtschaftsanalyst sieht keine Bedrohung durch "Film-Napster"

Die DG Bank kommt in einer Wirtschaftsanalyse zu dem Ergebnis, dass die Filmindustrie nicht die gleiche Entwicklung befürchten muss wie die Musikbranche.

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Von
  • Volker Zota

Die Deutsche Genossenschaftsbank (DG Bank) hat eine Wirtschaftsanalyse zum Thema Digitalisierung und Internet – Konsequenzen für die Filmbranche durchgeführt und kommt zu dem Ergebnis, dass die Filmstudios kein Napster-Phänomen wie die Musikbranche zu erwarten habe. Der Leiter des DG BANK-Branchenzentrums, Dr. Florian Straßberger, führt zur Begründung an, die Filme seien in der Vermarktungsphase "Kino" zunächst "außerhalb der digitalen Reichweite der Verbraucher" – im Unterschied zu Audio-CDs.

Tatsächlich veröffentlichen viele Filmstudios ihre Knüller bewusst später oder bisher gar nicht für den Heimgebrauch auf VHS-Kassette oder DVD. Wer sich allerdings an den Kinostart von "Star Wars: Episode I" erinnert, weiß, dass abgefilmte Vorführungen schon wenige Tage nach der Kinopremiere im Netz zu finden waren – wenn auch in sehr schlechter Qualität.

Bei ihrer Betrachtung vernachlässigt die DG Bank außerdem die zweite (Verleih in Videotheken) und dritte Vermarktungsphase (Kaufvideos). Immerhin zieht die Filmbranche knapp die Hälfte ihres Umsatzes aus diesen Kanälen. Raubkopien und Tauschbörsen könnten in diesem Segment großen Schaden anrichten. Egal, welche Tauschbörse man betrachtet, nahezu überall finden sich die bis zu 700 MByte großen Kino-Charthits als DVD-Ripp oder abgefilmte Fassung wieder.

In den USA sieht die Situation derzeit schon bedrohlich für die Filmindustrie aus. Dank der verbreiteten Kabelmodems oder (wie auch hierzulande) DSL ist ein Film-Download mitunter schon in zwei bis drei Stunden abgewickelt. Zwar beginnen die ersten Filmfirmen testweise Filme online zu vertreiben; allerdings nur, um "Feuer mit Feuer" zu bekämpfen, wie Scott Sander, CEO von des Online-Filmverleihers SightSound, bereits im Januar betonte. Der offensichtlich vorhandenen Nachfrage wolle man mit legalen Angeboten begegnen.

Die Analysten der DG Bank prognostizieren den Filmunternehmen, die die Digitalisierung ihrer Inhalte konsequent vorantreiben, in Zukunft Wettbewerbsvorteile. Ebenso wie die Musikbranche müsse man sich auf die Vermarktung im Internet-Zeitalter vorbereiten – insbesondere im B2B-Bereich, also bei der "Digitalisierung des Kinos" selbst. Bei vollkommen digitaler Distribution der Kinofilme ließen sich Einsparungen von bis zu 90 Prozent gegenüber dem Kopieren und Verteilen von Filmrollen erreichen, so die Volkwirtschafter der DG Bank. Allerdings würde die Umrüstung der Kinos weltweit zunächst Investitionen von rund 50 Milliarden Mark nach sich ziehen.

Den Musiklabels empfieht die DG Bank auch im Internet eine enge Zusammenarbeit. Die Musikfans interessiere nicht, bei welchem Label ein bestimmter Künstler unter Vertrag stehe. Getrennte Tauschbörsen à la Napster oder Pressplay von Sony und Vivendi Universal seien lediglich verwirrend. (vza)