Bibliotheksverband gegen Pay-per-View

Der Deutsche Bibliotheksverband kritisiert Empfehlungen zur wissenschaftlich-technischen Informationsversorgung.

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Von
  • Richard Sietmann

Massive Kritik äußert der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) an der vom Bundesforschungsministerium in Auftrag gegebenen Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little (ADL) zur "Zukunft der wissenschaftlichen und technischen Information in Deutschland". Trotz des hohen zeitlichen Aufwands von zwei Jahren zur Erstellung dieser Studie "ist der Ertrag gering", heißt es in einer Stellungnahme des DBV.

So unterschätze ADL sowohl die Rolle der Bibliotheken im Informationsprozeß als auch die nach wie vor wesentliche Rolle der gedruckten Publikationen. Die ADL-Studie mache zu wenig konkrete Aussagen zur Finanzierung der Infrastruktur der Informationsversorgung und die bloße Forderung nach innovativen Geschäftsmodellen helfe nicht weiter. Zudem sei sie zu einseitig auf den Bereich der Naturwissenschaften, Technik und Medizin ausgerichtet, "während die Geisteswissenschaften mit ihren ganz anderen Bedürfnissen kaum vorkommen".

Vorstellungen zum Aufbau eines zentralen Rückgrats für die Versorgung mit wissenschaftlich-technischer Information hält der DBV, der rund 2000 Bibliotheken in Deutschland vertritt, für verfehlt. "Die Struktur der Informationsversorgung im Web geht zunehmend in die Richtung eines verteilten Systems. Zentralisierung ist daher ein falscher Ansatz".

Ebenso falsch sei es, Pay-per-View als grundsätzliche Nutzungsform zu propagieren. "Pay-per-View schafft im Vergleich mit der Pauschallizenz für eine Zeitschrift nur neue Hindernisse in der Benutzung. Im Bereich der Hochschulen und Großforschungseinrichtungen führt es nicht zu neuen Geldquellen, sondern nur zur Verschiebung von Geldern innerhalb des selben Trägers". Daher sei, so der DBV, Pay-per-View nur als ergänzende Dienstleistung für wenig genutzte Zeitschriften sinnvoll. "Wird es anders gehandhabt, besteht die Gefahr, dass Pay-per-View die Marktmacht der Verleger weiter stärkt". (Richard Sietmann) / (wst)