GPS in Zeiten des Krieges

In Folge der Terroranschläge wird über eine Verschlechterung der GPS-Genauigkeit in den USA spekuliert. Experten geben Entwarnung.

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Von
  • Frank Fremerey

Nach Medienberichten soll die US-Regierung in Folge der Terroranschläge erwägen, die Genauigkeit des Satellitennavigationssystems GPS in einigen Regionen wieder herabzusetzen – was auch Auswirkungen auf die Funktion ziviler GPS-Anwendungen hätte. Dazu solle die "Selective Availability", eine künstliche Verschlechterung des Signals für zivile Nutzer, die am 1. Mai vergangenen Jahres abgeschaltet wurde, wieder eingeführt werden.

Die US-Regierung hat allerdings bereits am 17. September erklärt, dass sie defintiv keine Wiedereinführung der Selective Availability plane. Ein Sprecher der zuständigen US-Behörde Interagency GPS Executive Board begründet das gegenüber heise online damit, dass diese Form der Signalverschlechterung technisch überholt sei und dass die US-Verteidigung inzwischen eine bessere Möglichkeit gefunden habe, in Krisenregionen den Missbrauch des Systems durch gegnerische Truppen und Terroristen zu unterbinden.

Die globale künstliche Verschlechterung des Signals ist dadurch technisch überholt, dass auf dem freien Markt so genannte "Differenzielle GPS-Empfänger" verfügbar sind, die die Genauigkeit geografischer Positionen aus den empfangenen Satellitendaten rechnerisch korrigieren können. Vermutlich werden die USA daher zum so genannten "regional selective denial" – einer selektiven Signalmanipulation einzelner Satelliten beim Überfliegen bestimmter Regionen – greifen.

Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, dass in Folge der Terroranschläge auf die USA zwar zeitweise einzelne Satelliten "zu Wartungszwecken" als unbrauchbar gekennzeichnet sowie Bahn-Daten geändert wurden, "um die Abdeckung im Krisengebiet zu erhöhen". Die Präzision der zivilen Nutzbarkeit des Systems in Europa hat darunter aber bis heute nicht gelitten.

Aber selbst eine tatsächliche Verschlechterung oder sogar ein Ausfall von GPS würde im Zivilbereich keine schlimmen Folgen haben: In der zivilen Luftfahrt werden Satelliten-Navigationssysteme zur Zeit nur als ergänzende Navigationsmittel eingesetzt, betont Peter Nordhaus, Leiter der Elektronikabteilung der Badener Firma DLE - Luftfahrtservice GmbH im Gespräch mit heise online: "Weder die Integrität der Signale noch die Warnzeiten bei Systemausfall genügen den Kriterien der zivilen Luftfahrt. Im Präzisions-Anflug liegt die Positions-Sicherheit im Meter-Bereich mit Warnzeiten von einer Sekunde. Und das kann auch mit zukünftigen satellitengestützten Systemen vorläufig nicht erreicht werden. Dazu wäre die Einführung neuer Techniken notwendig."

Die heutigen Navigationssysteme für Autos verlassen sich auf GPS lediglich zur Kalibrierung, da das Satellitensignal in den Straßenschluchten der Städte ohnehin nicht flächendeckend zur Verfügung steht. Die Hauptorientierung ziehen diese Systeme meist aus einem Kreiselsensor und Radsensoren, mit deren Hilfe sich Strecke und Richtung bestimmen lassen.

Lediglich die Schifffahrt hat in den letzten Jahren eine größere Abhängigkeit von GPS entwickelt, aber auch dort verlässt man sich nie ausschließlich auf GPS-gestützte Systeme, so ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums zu heise online: "Wenn es durch eine Reduzierung der Genauigkeit des GPS-Signals Schwierigkeiten im Schiffsverkehr geben sollte, dann doch nur solche, auf die man sich einstellen kann." (Frank Fremerey) / (wst)