eBay macht sich in Brüssel für Online-Händler stark

Die Handelsplattform betreibt in Brüssel Lobbyarbeit für den Online-Handel und präsentiert eine Petition mit 750.000 Unterschriften, die sich gegen eine Diskriminierung der Internet-Händler ausspricht. Hintergrund ist ein Konsultationsverfahren der EU.

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In der Debatte um die von der Europäischen Union sanktionierten Beschränkungen für den Warenvertrieb im Internet hat die Online-Handelsplattform eBay am Donnerstag in Straßburg eine von über 750.000 Nutzern unterzeichnete Petition präsentiert. Die Unterzeichner der im Juli initiierten Petition – davon rund 200.000 aus Deutschland und über 250.000 aus Großbritannien – sprechen sich laut Petition gegen "Versuche einiger Markeninhaber und Hersteller aus, den Verkauf und Wiederverkauf ihrer Produkte im Internet einzuschränken". eBay-Verkäufer aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben sich dazu mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments getroffen.

Über 750.000 Unterschriften hat eBay bisher gesammelt und in Brüssel präsentiert.

(Bild: eBay)

Hintergrund sind Ausnahmeregelungen im EU-Wettbewerbsrecht, die Herstellern unter bestimmten Voraussetzungen eigentlich wettbewerbswidrige Absprachen mit dem Handel erlauben. So können etwa Markenhersteller dem Handel vorschreiben, wie die Markenware im Internet verkauft werden darf. Die EU-Kommission hatte Ende Juli angekündigt, die Ende 1999 in Kraft getretene und bis 2010 befristete Ausnahmeregelung ("Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsvereinbarungen") mit einigen Änderungen verlängern zu wollen. Noch bis Ende September nimmt die Kommission Stellungnahmen zu der geplanten Neufassung (PDF-Datei) entgegen.

Die Ausnahmeregeln sind dafür gedacht, um einerseits kleinere und mittelgroße Unternehmen vor der Marktmacht großer Handelsketten zu schützen. Hersteller nutzen die sogenannten vertikalen Vertriebsvereinbarungen, etwa um Servicequalität zu sichern und Vertriebsstrukturen zu optimieren. Brüssel will damit auch den stationären Handel, der andere Kosten bei seiner Preiskalkulation berücksichtigen muss als ein Online-Händler, vor allzu viel Billigkonkurrenz aus dem Netz schützen. Zugleich nutzt etwa die Luxusgüterindustrie die Ausnahmeregelung zur Markenpflege; sie will verhindern, dass ihre emotional aufgeladenen Marken durch Billiganbieter im Netz ein Ramsch-Image bekommen.

So wird die Gruppenfreistellungsverordnung aus Sicht der eBay-Händler auch dafür genutzt, Preise und Vertriebswege zu kontrollieren. "Die Markenhersteller, die den Online-Verkauf ihrer Produkte unterbinden, versuchen durch Ausschaltung des starken Wettbewerbs im Internet ihre Preise künstlich hochzuhalten", erklärt eBay-Händler Andreas Müller. Hier setzt der Widerstand von eBay an. Allerdings geht es der Handelsplattform auch um wirtschaftliche Interessen. Das Privatkundengeschäft hat an Schwung verloren, so will sich eBay verstärkt als Plattform für gewerbliche Anbieter empfehlen und macht für die Zielgruppe Lobbyarbeit in Brüssel.

Die Kommission verfolge mit der Neufassung grundsätzlich den "richtigen Ansatz", sagt Wolf Osthaus, rechtspolitischer Experte von eBay Deutschland, gegenüber heise online. Vor zehn Jahren habe das Internet für den Handel noch nicht die große Rolle gespielt, die es heute innehabe. Insofern sei aus Sicht der Handelsplattform die Überarbeitung, die den Bedürfnissen des Onlinehandels explizit Rechnung trägt und eine Benachteiligung verhindern soll, zu begrüßen. Allerdings geht die Neufassung aus Sicht des Online-Händlers in Einzelfragen nicht weit genug. Die Kommission solle "klare Grenzen" ziehen, um Missbrauch zu verhindern, sagt Osthaus.

Auch der Bundesverband des deutschen Einzelhandels (BDE) begrüßt die geplante Verlängerung der Gruppenfreistellungsverordnung grundsätzlich. Die in dem Verband organisierten Handelsunternehmen spielen in der Regel auf zwei Hochzeiten; sie betreiben Ladengeschäfte ebenso wie Online-Handel. Der Verband spricht sich für faires Miteinander beider Bereiche aus, fordert in seiner offiziellen Stellungnahme aber auch eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Kostenstrukturen. "Während ein Verbot der Einkaufspreisspreizung zwischen Online- und Offline-Handel in diesem Zusammenhang grundsätzlich akzeptabel ist", schreibt der Verband, müsste aber "die Unterstützung von Verkaufsanstrengungen des Händlers durch den Anbieter" in Form von Prämien zulässig bleiben. (vbr)