Verhärtete Fronten im Streik der US-Drehbuchautoren

Die Vertreter der US-Film- und Fernsehproduzenten haben die Verhandlungen platzen lassen, nachdem die Autorengewerkschaft nicht von einigen Forderungen abgerückt war. Die fühlen sich erpresst und reichten Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde ein.

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Die Fronten zwischen den seit sechs Wochen streikenden Drehbuchautoren und den amerikanischen Film- und Fernsehproduzenten verhärten nach einem Verhandlungsabbruch zunehmend. Nachdem am vergangenen Wochenende der US-Verband der Produzenten (AMPTP) den Verhandlungstisch verlassen hatte, reichte die Autoren-Gewerkschaft WGA nun eine Beschwerde beim National Labor Relations Board (NLRB) ein. Der vom US-Präsidenten eingesetzte und vom Senat bestätigte Ausschuss führt die Aufsicht über Gewerkschaftsangelegenheiten und entschiedet über Verstöße gegen das Organisations-, Streik- und Tarifrecht. Unterdessen steigt der Druck auf die WGA auch seitens der Schwesterorganisation DGA, die rund 13.000 Regisseure vertritt.

Am vergangenen Freitag hatte die AMPTP die festgefahrenen Gespräche nach einer achttägigen Verhandlungsrunde abgebrochen. Die Produzenten wollen erst weiter verhandeln, wenn die WGA sechs Forderungen vom Tisch nimmt. Neben dem zentralen Streitpunkt der Kompensation für die Internetverwertung geht es dabei auch um die Frage der gewerkschaftlichen Zuständigkeit für die Autoren von Reality-Formaten oder animierten Programmen. In dem einseitigen Verhandlungsabbruch und dem "Ultimatum" sehen die WGA-Offiziellen einen Verstoß gegen US-Bundesgesetze und formulierten eine entsprechende Beschwerde beim NLRB. Die AMPTP bewertete den Schritt als verzweifeltes Trommeln auf dem Tisch.

Die Einschätzungen über Auswirkungen der Beschwerde auf den Streik gehen auseinander. So werden einerseits Befürchtungen laut, die Eskalation werde den Streik weiter verlängern; einige Beobachter richten sich auf einen noch Monate dauernden Ausstand ein. Andererseits gibt es auch die Hoffnung, dass eine Entscheidung des NLRB die Kontrahenten wieder an den Verhandlungstisch und zu einer zügigen Einigung zwingen könnte. Doch könnten bis zu einer offiziellen Anhörung bis zu 45 Tage vergehen; eine Entscheidung des NLRB-Richters könne dann noch Monate auf sich warten lassen. Allerdings rechnen Gewerkschaftskenner damit, dass das NLRB das Verfahren angesichts der Dringlichkeit beschleunigen dürfte.

Gleichzeitig pochen auch die organisierten Regisseure auf ein baldiges Verhandlungsergebnis. Der Tarifvertrag der Produzenten mit der Directors Guild of America (DGA) läuft im kommenden Sommer aus. Die Gewerkschaft der Regisseure beginnt die Verhandlungen über eine Verlängerung üblicherweise schon Monate vor Ablauf des Vertrags. Bisher hat die DGA davon abgesehen, die Bemühungen der schreibenden Kollegen mit eigenen Verhandlungen oder Ergebnissen zu unterminieren. Doch wollen die Regisseure nun nur noch bis Anfang Januar warten und dann mit eigenen Verhandlungen beginnen.

Unterdessen machen sich die Auswirkungen des bisher sechs Wochen andauernden Streiks immer deutlicher bemerkbar. Tausende Produktionsmitarbeiter sind wegen des Produktionsstopps vieler Fernsehprogramme derzeit ohne Job und eigenes Einkommen. Während gut verdienende Top-Autoren auch einen längeren Streik überstehen können, ist der Ausstand für Kollegen weiter unten auf der Popularitätsleiter und gerade die anderen Mitarbeiter einer Produktion wie Bühnentechniker und Maskenbildner eine existenzielle Belastung. Den betroffenen Fernsehsendern gehen nun auch langsam die Bücher aktueller Serien aus, die Produktion wird bei immer mehr Serien eingestellt.

Die Autoren waren Anfang November in Ausstand getreten. Sie fordern einen neuen Tarifvertrag, der vor allem die Tantiemen für die Verwertung von Programmen im Internet regeln soll. Die Forderung der WGA nach einer Verdopplung der Beteiligung an DVD-Umsätzen (derzeit etwa 0,3 Prozent) ist auch auf Druck der Gegenseite inzwischen wieder vom Tisch. Der zentrale Streitpunkt ist die Vergütung für den Digitalvertrieb über Internet, IPTV und Mobilfunk sowie Pay-TV. Zudem fordern die Autoren einen Anteil der Werbeumsätze, die im Umfeld von Gratis-Streaming-Angeboten mit ihren Inhalten erwirtschaftet werden. Die Produzenten sind nach dem Zugeständnis bei DVD-Tantiemen inzwischen bereit, über den Digitalvertrieb zu verhandeln, stoßen sich aber an der Ausweitung der WGA-Zuständigkeit auf andere Programmbereiche. (vbr)