Debatte um fragwürdige Methoden im Domaingeschäft

"Tasting" und "Frontrunning" sorgen für Unruhe in der Domain-Branche, die einen Vertrauensverlust fürchtet. Experten streiten, ob die fragwürdigen Praktiken eher die Ausnahme oder die Regel sind.

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Von
  • Monika Ermert

Die Debatte um zweifelhafte Praktiken im Domaingeschäft reißt nicht ab. Afilias, Registry für .info, .asia und zahlreiche weitere Adresszonen, meldete sich jetzt mit einer Stellungnahme zu Wort, in der der VeriSign-Konkurrent jeglichen Verdacht zurückweist, das Unternehmen habe Suchanfragen verkauft und damit dem so genannten "Domain Frontrunning" oder "Domain Tasting" Vorschub geleistet.

Unter "Frontrunning" versteht man die Registrierung einer Domain durch einen Händler, nachdem ein Kunde sich für eben diese Domain interessiert hat. Zuletzt waren erneut Vorwürfe laut geworden, dass solche Händler die entsprechenden Daten von ISPs oder Registries kaufen. Nach Ansicht der Experten machen Domainhändler dabei oft von der Möglichkeit des "Tasting" Gebrauch, die eine völlig kostenfreie Registrierung für fünf Tage erlaubt.

"Afilias möchte klarstellen, dass es niemals Suchdaten an irgendeine Partei verkauft hat und dass es die Praxis des Frontrunning bei den von uns verwalteten Top Level Domains nicht unterstützt", erklärt Ram Mohan, CTO und Vice President Business Operations bei Afilias, in einer Mitteilung. "Wir begrüßen den öffentlichen Dialog über die Vorzüge der 'Add Grace Period' und die Schlussfolgerungen, die sich daraus für die Marktteilnehmer im Domaingeschäft und die gesamte Nutzerschaft ergeben", führt Mohan weiter aus.

Die "Add Grace Period" erlaubt Kunden und Registraren die Löschung einer registrierten Domain innerhalb von fünf Tagen; diese Domain muss dann nicht bezahlt werden. Mohan forderte Nutzer dazu auf, sich bei Afilias direkt zu melden, wenn man einen Verdacht hege, dass in einer von Afilias als Registry betriebenen Adresszonen "Frontrunning" betrieben werde.

Afilias reagiert damit offenbar auf den möglichen Vertrauensverlust im Markt, nachdem Network-Solutions-Manager Jonathon Nevett in der vergangenen Woche darauf hingewiesen hatte, dass der Verkauf von Domain-Suchabfragen durch Registrare und Registries an der Tagesordnung sei. Experten gehen davon aus, dass zumindest einzelne Verträge der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), etwa die .com-Verträge, den Datenverkauf nicht verbieten.

Nevett hatte seinerseits auf heftige öffentliche Kritik an seinem Unternehmen reagiert, nachdem bekannt geworden war, dass Network Solutions auf seiner Seite angefragte Domains im eigenen Namen registriert hatte. Die nach vier Tagen wieder gelöschte Reservierung solle Kunden vor möglichem Frontrunning schützen, lautete Nevetts erste Begründung. Allerdings zeigten Tests von aufgebrachten Marktteilnehmern, dass innerhalb der Frist durchaus auch Dritte die Domain bei NSI kaufen konnten. Zudem war zufällig bei NSI gelandeten Domainkäufern der Weg zu einem billigeren Registrar innerhalb der Frist zunächst verstellt. Für gravierender hielten viele Beobachter, dass durch die Annoncierung der Reservierung in den Registry-Daten das Interesse an der reservierten Domain bestens für mögliche Grabber oder Frontrunner dokumentiert worden sei.

NSI hat angesichts der Kritik rasch die Notbremse gezogen. Schon seit dem Wochenende werden nur noch Domainanfragen über die eigene Suchseite und nicht mehr über die NSI-Whois-Abfrage reserviert. Die Kunden werden auf den Domainabfrageseiten über die "Schutzmaßnahme" vorab informiert. Übrigens werden die reservierten Adressen nicht mehr konnektiert. Informationen über den Status dieser Domains sollen künftig auch nicht mehr für jedermann in den Zonendaten oder DNS Server Daten einsehbar sein. Nevett drängte im Übrigen darauf, eine Lösung für das Tasting-Problem zu finden. (Monika Ermert) / (vbr)