US-Verbände und Verbraucherschützer gegen privatisierte ICANN

US-Verbraucherschutz- und Industrieverbände warnen davor, dass die US-Regierung ihre DNS-Aufsicht beendet – sie fürchten einen laxen Umgang mit zweifelhaften Domain-Registrierungen.

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Von
  • Carsten Meyer

Mehrere große US-Verbraucherschutz- und Industrieverbände haben sich klar dagegen ausgesprochen, dass die US-Regierung ihre einseitige Aufsichtsrolle im System der Internetadresszonen (DNS) beendet. In ihren schriftlichen Stellungnahmen im Vorfeld der mündlichen Konsulation zur Zukunft der privaten Netzverwaltung, Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), sprachen sich das Center for Democracy and Technology (CDT), die US Consumers Union und Verbände wie der Information Technology Industry Council oder die International Trademark Association dagegen aus, dass die US-Regierung den im September 2009 endenden Vertrag mit der ICANN einfach auslaufen lässt und ICANN damit zu einer rein privaten Organisation wird.

Die Verbraucherschützer mahnen an, dass Nutzer im ICANN-Gremienwirrwarr noch stark unterrepräsentiert seien. Statt der komplizierten Struktur fünf regionaler "At Large Organisations" (RALO), die lediglich Beobachter in den Vorstand entsenden, sollten die Verbraucher vielmehr selbst Direktoren in den Vorstand wählen können, forderte die Consumers Union. Die in ICANNs Gründungssatzung vorgesehene Wahl von Vorstandsmitgliedern durch Endnutzer hatte ICANN nach einer ersten Runde, in der für Europa ccc-Aktivist Andy Müller-Maguhn eingezogen war, abgeschafft.

Die Unternehmensverbände fürchten, ohne ein im Hintergrund wachendes US-Handelsministerium (Department of Commerce) keine machtvolle Beschwerdeinstanz mehr zu haben. Vorhandene Widerspruchsverfahren im ICANN-Prozess beziehungsweise Klagen vor US-Gerichten erscheinen den Verbänden offenbar nicht ausreichend. Die Gemeinde der Markenrechtsschützer beklagt die aus ihrer Sicht zu laxe Haltung bei fehlerhaften Whois-Angaben – also persönlichen Angaben in den offen zugänglichen Datenbanken von Registries und Registraren. ICANN gehe schon jetzt zu lasch gegengegenüber Registraren vor, die gegen die Bestimmungen zum Whois oder zu den Schlichtungsverfahren gegen mögliche Domainsquatter verstoßen. Das US-Unternehmen Markmonitor argumentiert gar, die wachsende Zahl der Phishing-Fälle spreche gegen eine Loslösung von ICANN von der US-Regierungsaufsicht.

Gewarnt wird schließlich auch noch vor einer möglichen Übernahme der ICANN-Aufsicht durch andere Regierungen oder der Staatengemeinschaft. Will meinen: Wenn schon Regierungsaufsicht, dann doch lieber die eigene. Am 28. Februar lädt die National Telecommunications and Information Administration (NTIA), die beim Handelsministerium zuständige Behörde, zur öffentlichen Aussprache. (cm)