Escher für alle: Von Formeln zu Formen

Seit dem heutigen Mittwoch zeigt die Berliner Urania in der Ausstellung "Imaginary" des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach die schönsten Schöpfungen der algebraischen Geometrie.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Ralf Bülow

Imaginary ist laut Englischlexikon ein Adjektiv und heißt so viel wie "unwirklich" oder "nur im Geiste vorhanden". Höchst real ist allerdings die gleichnamige Ausstellung des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach, die nach der Premiere im bayerischen Garching jetzt im Erdgeschoss der Berliner Urania eröffnete, wo man sie bis zum 6. März bestaunen kann.

Im Zentrum der Schau stehen bzw. hängen 25 großformatige Tafeln (wir zählen hier das Eingangsposter mit), auf denen jeweils die Lösungsmengen von Polynom-Gleichungen mit den Variablen x, y und z zu sehen sind. Oder um es unmathematisch zu sagen: hauchzarte farbige Gebilde, die den Raum durchziehen und deren Spitzen, Kanten und Flächen exakten Rechenregeln folgen. Einige von ihnen liegen in einer Vitrine als in Kunststoff fixierte 3D-Körper aus.

Es war die geniale Idee des österreichischen Mathematikers Herwig Hauser, den von ihm ausgedachten Punktwolken Namen zu verleihen. So wird aus den Lösungen von x2+y3+z5=0 ein Sofa, aus denen von y2+z3=z4+x2z2 ein Herz, und aus dem knappen x2=y2z2 entwickeln sich gar Himmel und Hölle.

Wem Dullo, Daisy, Diabolo oder Dingdong nicht genügen, kann an einem großen Touchscreen mit eigenen Schöpfungen in die Annalen der algebraischen Geometrie eingehen. Die dort verwendete Software SURFER steht seit Kurzem zum kostenlosen Download zur Verfügung und ermöglicht auch die Teilnahme am mathematischen Skulpturenbewerb der Wochenzeitung Die Zeit.

Neben der algebraisch-fantastischen Geometrie bietet Imaginary Einblicke in Fraktale, Knotentheorie und Minimalflächen sowie 3D-Animationen und per Spacemouse steuerbare geometrische Überflüge. Alles in allem gelingt der Ausstellung ein nicht immer einfacher, doch absolut faszinierender Beitrag zum Thema Mathematik und Kunst, der überdies zeigt, was die Profis im Mathe-Jahr 2008 so treiben. Und nach Berlin und Garching ist die Ausstellung im Laufe des Jahres noch in Kaiserslautern, auf dem Wissenschaftsschiff, in Stuttgart, in Potsdam und in Leipzig zu sehen. (Ralf Bülow) /

(jk)