DVD-Werk Dassow: Die Totenglocken läuten schon

Für das insolvente CD- und DVD-Werk Dassow mit seinen einst 1100 Mitarbeitern gibt es kaum noch Hoffnung. Der Gläubigerausschuss hat das Ende der Produktion beschlossen. Neue Aufträge werden nicht mehr angenommen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 48 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Für das insolvente CD- und DVD-Werk Dassow mit seinen einst 1100 Mitarbeitern gibt es nur noch wenig Hoffnung. Nachdem der Gläubigerausschuss Ende vergangener Woche einen sogenannten Ausproduktionsbeschluss gefasst hat, werden keine neuen Aufträge mehr angenommen. Die gut 500 Mitarbeiter, die noch im ODS-Werk (Optical Disc Service) beschäftigt sind, sollen bis zum Monatsende den verbliebenen Auftragsbestand abarbeiten. 433 Beschäftigte sind bereits in eine Transfergesellschaft gewechselt und sollen dort Vermittlungsunterstützung und Qualifizierungsmaßnahmen angeboten bekommen. Die Laufzeit der vom Land Mecklenburg-Vorpommern mit 3,11 Millionen Euro finanzierten Transfergesellschaft ist auf vier Monate angelegt.

"Es wäre aber ein Fehler, das Werk schon jetzt ganz abzuschreiben", erklärte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Mecklenburg-Vorpommern, Gerd Lange, am heutigen Donnerstag gegenüber heise online. Zwar liege bis zum jetzigen Zeitpunkt noch immer kein Übernahmeangebot vor, "das finanziell durchgerechnet ist", bei einem so "ungewöhnlichen Verfahren" wie in Dassow müsse man aber bis zum Schluss "mit allem rechnen". Das Land jedenfalls sei weiter an einer Fortführung des Werkes und der Übergabe im laufenden Betrieb an einen möglichen Investor interessiert. Sollte es doch zum bitteren Ende kommen, werden nach Angaben des Wirtschaftsministeriums auch die restlichen Mitarbeiter in die Transfergesellschaft überführt.

Das CD- und DVD-Werk Dassow war mit Millionenzuschüssen von Land und Bund binnen weniger Jahre zum größten Produzenten von CDs und DVDs in Europa aufgestiegen. Wegen des Verdachts des Steuer- und Subventionsbetrugs durchsuchten Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Schwerin gemeinsam mit der Steuerfahndung und dem Zoll im Frühjahr 2006 die Geschäftsräume auf dem Holmer Berg. Im vergangenen Jahr meldete ODS dann Insolvenz für das Werk an. Die Geschäftsführung erklärte, mit dem Schritt solle "eine sehr komplexe Restrukturierung unter den schwierigen Bedingungen von anhängigen Ermittlungsverfahren, Lizenzprozessen und Steuerprüfungen erfolgreich zu Ende gebracht werden".

Insolvenzverwalter Marc Odebrecht suchte unterdessen Käufer für das Werk und erklärte im Januar, die Konzepte von zwei potenziellen Kaufinteressenten sähen lediglich die Übernahme von maximal 500 Mitarbeitern vor. Die Belegschaft sprach sich daraufhin mit 96 Prozent für die Bildung einer Transfergesellschaft aus. Beide Kaufinteressenten – zum einen die niederländische Media Motion, zum anderen die britische Spin Group, hinter der Personen stehen sollen, die dem bisherigen Eigentümer zugeordnet werden – sollen letztlich aber "kein entscheidungsreifes Angebot" vorgelegt haben. Odebrecht erhielt deshalb das Mandat, "alle Verwertungsoptionen zu prüfen".

Die Jungen Liberalen Mecklenburg-Nordwest (JuLis MNW) stellen unterdessen die Behauptung auf, das Unternehmen habe mit der Ausrichtung der Fertigung auf das vermeintliche DVD-Nachfolgeformat HD DVD "auf das falsche Pferd gesetzt" und den Niedergang dadurch mitverschuldet. Eine Produktion von Blu-ray Discs sei mit den vorhandenen Maschinen jetzt nicht mehr möglich. Eine Aufrechterhaltung des Betriebes in Dassow könnte nur durch weitere Millioneninvestitionen gewährleistet werden, was aber klar abzulehnen sei. "Dieser Förderwahnsinn muss gestoppt werden. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende", heißt es bei den JuLIs.

c't-Experte Hartmut Gieselmann weist jedoch darauf hin, dass die mögliche Schließung des Presswerkes in Dassow nur wenig mit der Entscheidung zu tun haben dürfte, HD DVDs zu produzieren. "Nahezu alle europäischen Presswerke haben das HD-DVD-Format in ihre Produktion aufgenommen, weil sie dazu lediglich ihre vorhandenen DVD-Linien modifizieren mussten", erläutert Gieselmann. Aufgrund der bislang allgemein geringen Nachfrage nach HD-Discs hätten diese Maschinen jedoch nur wenige Stunden im Monat HD DVDs und die meiste Zeit DVDs produziert. "Die Blu-ray-Produktionslinien wären deutlich teurer in der Anschaffung gewesen und man hätte sie nicht zur DVD-Produktion einsetzen können – sie hätten also die meiste Zeit still gestanden." (pmz)