Test untersucht Musikwahrnehmung bei Menschen mit Hörhilfen

"CAMP" unterteilt Klänge in Tonhöhe, Klangfarbe und Melodie, um Verbesserungen bei der Implantate-Software überprüfen zu können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

John Redden ist eigentlich taub – und arbeitet trotzdem als Profimusiker. Er trifft beim Singen seine Töne, denkt in Akkorden und kann musikalische Intervalle gut genug wahrnehmen, um sie nachzuspielen. All das erreicht er mit Hilfe eines Cochleaimplantats, einem chirurgisch im Schädel untergebrachten Chip, der 16 klitzekleine Elektroden antreibt. Sie sitzen im Innenohr, um den Hörnerv zu stimulieren.

Die Technologie gilt vielen als echtes Wunderwerk, doch Nutzer wie Redden sind trotzdem ein Mysterium. Der Grund: Die im Cochlea-Chip arbeitende Software ist eigentlich für Sprache optimiert und "hört" so vor allem Frequenzen, die im entsprechenden Bereich liegen. Musik deckt hingegen ein wesentlich breiteres Spektrum ab. Eigentlich übermittelt die Technik also nur ein grundlegendes Klangbild und keineswegs die detaillierten Frequenzinformationen, die notwendig wären, um beispielsweise eine Tonlage von einer anderen genau zu unterscheiden.

Für Forscher, die an Software-Verbesserungen für Hörhilfen arbeiten, stellen solche Phänomene ein echtes Problem dar, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe. Die Art, wie wir Musik wahrnehmen, ist stets subjektiv. Ein Fan der "Sex Pistols" kann einem sagen, dass eine bestimmte Software den Klang von "Anarchy in the U.K." verbessert, während ein Mozart-Freund bei der "Kleinen Nachtmusik" abwinkt: "Nein, das hilft mir nicht." Ein derart subjektives Feedback ergibt für die Entwickler also nicht genügend Informationen – sie erfahren dadurch nicht, ob sie tatsächlich Fortschritte machen.

Jay Rubinstein, Hals-Nasen-Ohren-Spezialist und Experte für Cochleaimplantate an der University of Washington, hat deshalb ein neues Testverfahren entwickelt, das die Hörerfahrung bei Musik so kleinteilig zerlegt, dass genaue Erkenntnisse wieder möglich werden. "Musik ist nicht einheitlich", sagte er mir, "sie besteht aus einer Kombination aus Rhythmen, Melodien, Harmonien, Dissonanzen und einem Text. Man muss sie in ihre einzelnen Komponenten unterteilen, um bestimmen zu können, wie gut oder wie schlecht jemand sie hören kann".

Rubinsteins neuer Computertest nennt sich "Clinical Assessment of Music Perception", kurz "CAMP". Dabei werden Klänge auf drei grundlegende Komponenten reduziert, um das Problem des persönlichen Geschmacks zu umgehen: Nur Tonhöhe, Klangfarbe und Melodie werden abgeprüft. CAMP testet systematisch, wie gut jede Versuchsperson alle drei Bereiche wahrnimmt. Damit wird die Analyse der Fähigkeiten solcher Hörgenies wie John Redden wieder realistisch möglich. Gleichzeitig kann die Forschung neue Software-Ansätze entwickeln, mit der Menschen mit Hörhilfe künftig noch besser Musik hören können.

Mehr zum Thema in Technology Review online:

(bsc)