Chaos im Netz macht der Internet-Ökonomie zu schaffen

Die schöne neue Welt des Internet droht im Müll zu versinken. Tote Links und langweilige Homepages frustrieren viele Surfer.

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Von
  • Basil Wegener
  • dpa

Die schöne neue Welt des Internet droht im Müll zu versinken. Tote Links und langweilige Homepages frustrieren viele Surfer – und gefährden Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg des Netzes. Schon heute endet ein Drittel aller Suchfahrten nach einer neuen Studie der Düsseldorfer Fachhochschule ohne Ergebnis im Nichts. In einem nach Angaben der Forscher deutschlandweit bislang einzigartigen Internet-Labor sollen Homepages nun attraktiver und praktischer werden.

Pupillen zucken, verharren und wandern plötzlich unruhig hin und her. Eine Spezialkamera hat einen Testsurfer im Visier, und die Forscher kontrollieren die Bewegungen seiner Augen auf einem neben dem Internet-Monitor aufgebauten Bildschirm. Exakt ist Forschungsleiter Gerhard Schub von Bossiazky den Surfern auf der Spur: den Klicks auf den Seiten im Netz, dem hier verharrenden, dort vorbeihuschenden Blick, der emotionalen Reizung der Pupillen. "Die meisten klicken hektisch herum oder sehen nur kleine Bruchteile von Homepages", sagt der Düsseldorfer Professor für Kommunikation. Das Internet krankt an allzu großem Chaos. "Viele Nutzer haben ein hohes Frustrationspotenzial, aber die Schonfrist ist bald vorbei", sagt Roland Bronold, Internet-Experte der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Nach sprunghaften Zuwächsen in den Vorjahren erwartet die GfK in diesem Jahr nochmals einen rapiden Anstieg von zuletzt rund 16 Millionen Nutzern um bis zu 30 Prozent. "Die Nutzer sind bereit", sagt Bronold, "aber das Angebot im Netz ist oft zu unkomfortabel."

Die meisten Texte und Bilder im immer weiter verzweigten Netz finden nach den Ergebnissen der Düsseldorfer Forscher kaum Beachtung. Leisten voller Zugänge zu nachgeordneten Seiten, Links in alle Welt, Bildschirme voller Text – alles vergebens? "Die Verweildauer bei einem Internetangebot liegt bei zwei bis sieben Seiten, danach hören die Surfer entnervt auf", sagt Schub von Bossiazky. Dutzendfach bleiben die einzelnen Seiten hinter oft langweiligen Startseiten ungesehen. Rund 100 Testpersonen plagten sich über ein halbes Jahr hinweg unter Realbedingungen im Netz ab. Nach maximal einer Viertelstunde oft frustrierter Suche gingen die User durchschnittlich offline. Jeder Dritte fand gar nichts von den gewünschten Informationen.

Die Umsätze mit Onlinewerbung verdoppeln sich nach Schätzungen des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft in Bonn in diesem Jahr auf 300 Millionen Mark im Vergleich zum Vorjahr. Prof. Schub von Bossiazkys, gelernter Werbepsychologe, sieht das Ende der Fahnenstange bald erreicht: "Viele große Prophezeiungen sind unsinnig." In der Branche gelobt man freilich Besserung. "Die Zeit von Listen mit Firmenabteilungen auf Homepages ist vorbei", verspricht Oliver Suhre, Sprecher von BBDO Interactive in Düsseldorf. Die Web-Designer der Werbeagentur unterstützen das Netz-Labor – und versprechen sich davon attraktivere Sites. Neue Homepages sollen nach dem Vorbild von Nutzeranalysen für Zeitschriften während der Entwicklung ständig geprüft werden. Regelmäßig wechselnde Slogans und Bilder sollen die Surfer auf eine Homepage locken, nach dem ersten Klick sollen sie schnell ins Innere gelockt werden. Der Werbemann glaubt an die schöne neue Welt des Internet: "Eine Trennung von Netz und Fernsehen wird es nicht mehr geben", sagt Suhre etwa voraus. Anstatt Produkte zu bewerben, würden Firmen in TV-Spots künftig lediglich ihre Webadresse anpreisen. Doch noch hinkt das Netz seinen technischen Möglichkeiten hinterher, gibt Suhre zu: "Für viele ist das Netz noch das Medium von Technofreaks und von Wissenschaftlern." Manch gestandener Internet-Nutzer dürfte allerdings angesichts der schönen neuen Welt der Internet-Ökonomie hoffen, dass dies so bleibt. (Basil Wegener, dpa) / (jk)