McCreevy-Richtlinie: 95 statt 50 Jahre Monopolrechte fĂĽr Musik

Der Rechtsausschuss des europäischen Parlaments soll Schutzfristen für besondere Monopolrechte der Tonträgerindustrie von 50 auf 95 Jahre erhöhen - trotz Gutachten, dass davon ausschließlich die Musikindustrie profitiere.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 131 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Thomas Pany

Am Donnerstag soll der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments über einen Plan der Kommission entscheiden, der die Schutzfristen für zusätzlich zum Urheberrecht gewährte Monopolrechte europaweit von 50 auf 95 Jahre verlängern würde. Der Vorschlag entstand aus einer Initiative des EU-Kommissars Charlie McCreevy.

McCreevy begründete seine Initiative damit, "dass ausübende Künstler, die im Alter von 20 Jahren Platten aufgenommen haben, bei Erreichen ihres 70. Lebensjahres einem plötzlichen Einkommensausfall gegenüberstehen" würden. Allerdings kamen Gutachten von Rechts-, Musik- und Wirtschaftswissenschaftlern zu dem Ergebnis, dass von der Verlängerung der Schutzfristen aufgrund der zu Industriestandards gewordenen Buy-Out-Verträge fast ausschließlich die Musikindustrie profitiere.

Besonders deutlich äußerte sich das Münchner Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht (MPI). Die Verlängerung der Schutzfristen, erklärte das Institut, bringe den Musikern höchstens "marginale Vorteile". Deren Probleme lägen "primär in ihrer fehlenden Verhandlungsmacht den Tonträgerherstellern gegenüber". Laut MPI-Gutachten weiß das auch die EU-Kommission, weshalb der Richtlinienvorschlag und seine Begründung auf die Juristen des MPI "fast zynisch" wirkten: "Diese Zusammenhänge vor Augen, erscheint es scheinheilig, die Situation der ausübenden Künstler dadurch verbessern zu wollen, dass dieses – offensichtlich ungerechte und anderweitig lösbare – System nicht nur unverändert beibehalten werden, sondern mit seiner ganzen Unzulänglichkeit nun einfach nochmals um 45 Jahre verlängert werden soll."

Auch die Behauptung, dass man sich mit den Vorschlägen zur Verlängerung der Schutzfristen an das amerikanische Copyright anlehne, ist den Rechtswissenschaftlern zufolge kompletter Unsinn, der "alarmierende Unkenntnisse der Kommission" aufzeige. Bei der in Europa diskutierten Frist handele es um einen in den USA gar nicht existenten zusätzlichen Schutz zum Urheberrecht, der dadurch schon jetzt 50 Jahre länger andauere als dort. Damit werde auch jenen Argumenten, die vor einer angeblichen Abwanderung in die USA warnen, der Boden entzogen. Auch Anreize für Neuschöpfungen, meinen die Wissenschaftler, biete die "ökonomisch sinnlose" rückwirkende Schutzfristverlängerung nicht.

Deutlich werden die Autoren der MPI-Stellungnahme auch gegenüber der Ansicht, die Maßnahme habe praktisch keine Auswirkungen auf die Verbraucher: "Denn", betonte das Institut, "irgendjemand muss die Rechnung ja bezahlen, damit für die Tonträgerhersteller und die ausübenden Künstler ein angeblich lohnender Mehrbetrag gegenüber heute herausschauen kann."

Mehr dazu in Telepolis:

()