RFID beim Einkaufen: Danke, Katherine

Ein Besuch von Datenschützern bei Metros "Future Store" erbrachte unerwartete Ergebnisse: Die Daten aus den elektronischen Labels gekaufter Waren wurden auf einer gegen Auslesen und Beschreiben völlig ungeschützten Kundenkarte gespeichert.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

In der Diskussion um den Einsatz von RFID-Chips, so genannten "intelligenten Produktetiketten" im Alltag spielt Deutschland eine wichtige Rolle. "Jede Debatte auf Symposien und Kongressen endet mit dem Hinweis 'Aber die Deutschen lieben diese Technik'", weiß Katherine Albrecht von CASPIAN zu berichten, der Bürgerinitiative Consumer against Supermarket Privacy Invasion and Numbering. Aus diesem Grunde machte sich die amerikanische Aktivistin mit Vertretern des Bielefelder FoeBud auf, den weltweit so gepriesenen Referenzshop der Metro AG, den Future Store, zu besuchen. Innerhalb der Veranstaltungsreihe Public Domain berichteten die Aktivisten über ihren Besuch, bei dem sie mit den Projektleitern sprachen und hinter die Kulissen blicken konnten.

Als Kulisse erwies sich dabei der gesamte Zukunftsshop. Nur ganze vier Produkte im weltweit referenzierten Modellprojekt, bei dem die vier Firmen Intel, IBM, Cisco und Oracle federführend sind, besitzen überhaupt RFID-Chips: Philadelphia Frischkäse, die bereits bekannten Rasierklingen von Gilette, ein Shampoo und ein Video melden sich an der Kasse per RFID ab, wenn mit der Future-Store-Kundenkarte bezahlt wird. Der Rest der Waren ist mit Barcodes gelabelt, die der Kunde an den Lesegeräten der Selbstbucher-Kasse vorbeizieht. Dabei kommt auch beim Barcode Hightech vom Feinsten zum Einsatz: Obst und Gemüse werden mit einer intelligenten Waage mit Bildmustererkennung abgewogen, die zwischen Ingwer und Bananen unterscheiden kann. (Den ausgedruckten Barcode muss der Kunde mit einem Scanner in das Buchungssystem seines intelligenten Einkaufswagens einlesen lassen, ein klassischer Medienbruch).

Die größte Überraschung erlebten die Besucher in der Zukunft des Einkaufens jedoch erst hinterher. Vor den versammelten Zuhörern der Public Domain wurde die Future-Store-Kundenkarte mit einem billigen RFID-Reader der Firma Megaset ausgelesen -- und beschrieben. "Thank You Katherine" wurde in den völlig ungeschützten Chip-Speicher der Kundenkarte von Katherine Albrecht geschrieben. "Das ist schon ein Hammer", erklärte Katherine Albrecht, "zunächst einmal enthält die Karte einen RFID-Chip, womit also Kunde und gekaufte Waren jederzeit in Relation zu bringen sind, und dann ist dieser Chip völlig ungesichert, was bedeutet, dass jeder die dort gespeicherten Transaktionen abrufen kann."

Ob die solchermaßen ramponierte Privatsphäre von den Deutschen wirklich so geliebt wird wie Fachkreise behaupten, bleibt abzuwarten. Die Metro AG, die anlässlich des Besuches für ihren Future Store bereits den beliebten Big Brother Award in Form einer geschmackvollen Statuette überreicht bekam, wird mit ihren Technikpartnern zur Nachbesserung schreiten müssen. Ein funktionierender Lese- und Kopierschutz der RFID-Chips bringt aus der Perspektive der beteiligten Firmen den Vorteil mit sich, dass möglicherweise der amerikanische DMCA (Digital Millennium Copyright Act) zur Anwendung gebracht werden kann, der jedes Fummeln am Kopierschutz unter Strafe stellt.

Zu den elektronischen Produktetiketten siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)