Hightech für Senioren

Wenn Senioren an der TU Berlin zu Gast waren, schaffen sie manchmal ungeliebte Hightech-Geräte im Haushalt sofort ab. Denn die Forscher zeigten ihnen, dass es nicht an den Älteren liegt, wenn sie sich mit moderner Technik schwer tun.

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Von
  • Ulrike von Leszczynski
  • dpa

Wenn Senioren an der Technischen Universität Berlin (TU) zu Gast waren, schaffen sie manchmal ungeliebte Hightech-Geräte im Haushalt sofort ab. Denn die Forscher haben ihnen nachgewiesen, dass es nicht an den Älteren liegt, wenn sie sich mit moderner Technik schwer tun. Die Produkte, stellten die Experten fest, sind vielmehr zu wenig an den Bedürfnissen älterer Menschen orientiert. In einem Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft untersuchten die TU-Wissenschaftler, welche Technik in einen Senioren-Haushalt passt.

Die älteste Teilnehmerin beim Produkte-Test an der Universität war 91 Jahre alt, die jüngste 55. Ob es um Handys ging oder um Badewannen-Drehstühle -- von den Forschern können sich Hersteller viele Anregungen für eine seniorengerechte Technik holen. Beispiel Handy: Hunderte bemühter Kinder und Enkel haben schon versucht, Oma oder Opa ein Mobiltelefon zu erklären. Händler bieten sogar Handy-Schulen für Senioren an, um ihre Produkte zu verkaufen. Doch auch mit vielen Erklärungen und selbst mit größeren Tasten wird ein Mobiltelefon für Senioren nicht attraktiver, fanden die TU- Forscher heraus. "Das Menüsystem eines Handys ist Senioren zu fremd. Sie können die Dialogtechnik auf verschiedenen Ebenen via Display nicht nachvollziehen", berichtet Matthias Göbel, Ingenieur am Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft.

Die Wissenschaftler wissen aber Rat. Wenn Hersteller wichtige Handy-Funktionen auf einer Benutzer-Ebene vereinten und noch eine Escape-Taste installierten, würden Handys für Senioren wesentlich attraktiver. "Das Interesse der Firmen an unserer Studie ist aber noch sehr verhalten", berichtet Göbel. Das mag erstaunen. Nicht nur, weil 23 Prozent der Deutschen inzwischen über 60 Jahre alt sind. Nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg sind ältere Menschen auch in sehr viel größerem Maße als früher bereit, Geld auszugeben. Rund die Hälfte der Deutschen über 50 gab im Jahr 2002 bei einer GfK-Umfrage zu Protokoll: "Ich mache mir lieber ein schönes Leben, statt immer nur zu sparen." Knapp ein Drittel ist dabei sogar an Technik wie Navigationssystemen im Auto interessiert. Doch viele Produkte orientieren sich nicht am Auffassungsvermögen älterer Menschen, die nie mit einem Computer gearbeitet haben.

Rund 60 Senioren beteiligten sich an dem TU-Projekt "Seniorengerechte Technik im Haushalt" (Sentha). In Zusammenarbeit mit Sozial- und Altersforschern belegten die Wissenschaftler, dass sich ihre Testkandidaten in einem vollautomatisierten Hightech-Haushalt unwohl fühlen. Sie wollten nicht tatenlos im Sessel sitzen, und ihr Leben über Fernbedienungen steuern -- selbst, wenn sie die Tastaturen bedienen konnten. "Ältere Menschen wollen die Kontrolle behalten", berichtet Göbel. So sei ein Drehstuhl an der Badewanne sinnvoller als eine aufwendig eingebaute Tür. "Beim Stuhl müssen Senioren ihre Beine selbst über den Wannenrand heben. Das fordert sie, und das tut ihnen gut." Es sei nicht sinnvoll, Senioren alle Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. "Auch, wenn sie ihnen das Leben scheinbar erleichtern", fasst der Forscher zusammen. Selbst von der Idee einer Wohnung ohne Treppen haben sich die Wissenschaftler inzwischen verabschiedet. (Ulrike von Leszczynski, dpa) / (jk)