Bei Microsoft kennt Mario Monti kein Pardon
Die Höhe des Bußgeldes für Microsoft überraschte Mitarbeiter des EU-Wettbewerbskommissars und Außenstehende ebenso. Die Redmonder haben schon die Entscheidung der EU-Kommission kommentiert.
Mario Monti kennt bei Microsoft kein Pardon. Mit fast 500 Millionen Euro will der EU-Wettbewerbskommissar das US-amerikanische Software-Imperium Microsoft hart bestrafen. Die Höhe des Bußgeldes überraschte eigene Mitarbeiter und Außenstehende ebenso. Zunächst war von höchstens 300 Millionen Euro die Rede gewesen. Nun sollen es 497 Millionen Euro sein.
Der 61 Jahre alte Wirtschaftsprofessor sei von besonders schweren Wettbewerbsverstößen des US-Konzerns überzeugt, hieß es heute in seinem Umfeld. Manche hatten den pingeligen Italiener wegen mehrerer schwerer Schlappen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits "abgeschrieben". Nun ist er wieder da.
Schon einen Tag vor dem offiziellen EU-Strafbeschluss meldete sich Microsoft zu Wort. Das ist in Brüsseler Wettbewerbsfällen äußerst selten. Angesichts fehlender rechtlicher Maßstäbe bei den strittigen Punkten sei es "sehr schwer nachzuvollziehen, wie ein Bußgeld dieser Größenordnung unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt werden kann", schrieb der Redmonder Konzern.
Das geplante Bußgeld dürfte Bundesfinanzminister Hans Eichel freuen, denn die 497 Millionen Euro sollen in die EU-Kasse fließen. Da diese zum größten Teil aus Beiträgen der bisher 15 und bald 25 Mitgliedstaaten gefüllt wird, verringert das Strafgeld die künftige Belastung der EU-Staaten ein wenig. Deutschland als größter Nettozahler in Brüssel trägt mit knapp einem Viertel zum EU-Haushalt von rund 100 Milliarden Euro im Jahr bei. Der deutsche Bruttobeitrag dürfte sich deshalb einmalig um knapp ein Viertel des Microsoft-Bußgeldes verringern -- also annähernd 100 Millionen Euro.
Microsoft ist der wohl spektakulärste Fall in Montis Amtszeit, die Ende Oktober nach fünf Jahren enden wird. Anders als die US-Wettbewerbshüter ist er entschlossen, einen Entscheid mit Beispielcharakter zu hinterlassen. Viel wichtiger als die Strafsumme, die für Microsoft angesichts liquider Mittel von über 50 Milliarden US-Dollar relativ leicht zu verkraften ist, sind dabei die Wettbewerbsauflagen für den von Bill Gates mitgegründeten Konzern. Die gefürchteten EU-Wettbewerbshüter mischen sich damit direkt in die Geschäftspraktiken des Windows-Herstellers ein.
Bei dem Mediaplayer, mit dem Multimediaprogamme abgespielt werden können, und bei Betriebssystemen für Server lautet Montis Devise "Öffnung". Der Kommissar will sicherstellen, dass Konkurrenten von Microsoft in diesen Bereichen verstärkt zum Zuge kommen können. Sie sind seit Jahren in Brüssel präsent. Das im Jahr 2000 eröffnete Markt-Missbrauchsverfahren der Kommission wegen vermuteter Ausweitung der dominanten Stellung bei PC-Betriebssystemen war durch eine zwei Jahre zuvor eingelegte Beschwerde des US-Unternehmens Sun Microsystems ins Rollen gekommen.
Microsoft versuchte in den vergangenen Monaten, mit einer Art "gentlemen's agreement" einen offiziellen Strafbeschluss Brüssels abzuwenden. Dreitätige Marathonverhandlungen zwischen dem kühlen Monti und dem kantig wirkenden Konzernchef Steve Ballmer endeten in der vergangenen Woche zwar mit gegenseitiger persönlicher Anerkennung, aber ohne Ergebnis. Anders bei der von Monti vor drei Jahren verbotenen Fusion der US-Konzerne General Electric (GE) und Honeywell wurde nichts von Interventionen der hohen Politik bekannt. Damals hatte sich US-Präsident George W. Bush persönlich eingeschaltet, um den Zusammenschluss noch zu retten. Der Fall GE/Honeywell liegt nun beim Luxemburger EU-Gericht. Auch Microsoft will gegen die erwartete Entscheidung juristisch zu Felde ziehen. (Christian Böhmer, dpa) / (anw)