Schlappe für Unterhaltungsindustrie im Verfahren gegen Tauschbörsen

Entwicklung und Vertrieb von P2P-Software ist nach Meinung eines US-Berufungsgerichts nicht illegal, auch wenn mit der Software Urheberrechte verletzt werden können.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die US-Unterhaltungsindustrie musste eine schwere Schlappe in ihrem juristischen Vorgehen gegen Tauschbörsen einstecken: Das Berufungsgericht im kalifornischen Pasadena hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt, nach dem die P2P-Softwarehersteller Grokster und Streamcast Networks (Morpheus) ihre Geschäfte weiter betreiben dürfen. Die Verbände der Unterhaltungsindustrie hatten gefordert, dass den beiden Firmen per Gerichtsbeschluss die Herstellung und der Vertrieb von Filesharing-Software verboten werden solle, da sie bewusst und gezielt Copyright-Verletzungen in Kauf nehmen und gar provozierten, um damit Geld zu verdienen.

Das Berufungsgericht hielt nun wie bei der Entscheidung der Vorinstanz fest, dass ein solches Verbot nicht erlassen werden könne, wenn eine Technik zu rechtskonformen Verhalten eingesetzt werden könne. Alleine die Möglichkeit, mit der Software etwa gegen das Urheberrecht zu verstoßen, reiche nicht aus für ein Verbot. Es komme dabei auch nicht darauf an, in welchem Verhältnis der rechtmäßige und der illegale Einsatz einer Technik stünden, meinte das Gericht. Es folgte damit der Argumentation von Grokster und Streamcast Networks, die für ihre Technik auch die Festlegungen im so genannten Betamax-Urteil des obersten US-Bundesgerichts in Anspruch nahmen: Sony durfte danach weiter die Betamax-Videorecorder fertigen, da man keine Beihilfe zu einer Urheberrechtsverletzung leisten könne, wenn man nicht direkt daran beteiligt sei.

Die Unterhaltungsindustrie hatte dagegen Grokster und Streamcast Networks immer vorgeworfen, sie nehme die Urheberrechtsverletzungen, die Anwender ihrer Software begingen, bewusst in Kauf. Die Software sei sogar gezielt unter diesem Gesichtspunkt entwickelt worden, um sie attraktiv für Nutzer zu machen, so die Anschuldigungen. Dem wollte sich das Gericht in dieser Form allerdings ebenfalls nicht anschließen. Die Verwertungsindustrie hätte nach seiner Ansicht nachweisen müssen, dass die Entwickler der Software genaue Kenntnis von spezifischen Urheberrechtsverletzungen gehabt hätten, und dass sie Mittel gehabt hätten, diese zu verhindern. Genau dies sei aber bei Grokster und Streamcast Networks nicht der Fall, da sie keine eigene Infrastruktur zum Filetausch betrieben. Damit stellte das Gericht Betreibern beziehungsweise Anbietern dezentraler Tauschbörsen praktisch einen Persilschein aus. Die Tauschbörse Napster in ihrer Urform wurde dagegen von Gerichten verurteilt, da sie eigene Server betrieb, über die das Filetauschen erfolgte und die der Firma eine Kontrolle des getauschten Materials ermöglichten.

Die Bürgerrechtler der Electronic Frontier Foundation (EFF), die den beiden P2P-Herstellern in dem Verfahren Rechtsbeistand boten, hoben zudem hervor, dass das Gericht festgehalten habe, Gerichtsurteile seien denkbar schlecht geeignet, die Internet-Neuerungen zu regulieren. Auf lange Sicht helfe ein uneingeschränkter Markt mit freiem Wettbewerb den Urheberrechtsinhabern, habe das Gericht betont und damit einen weiteren Meilenstein gesetzt, die Unterhaltungsindustrie von ihrer eigenen Kurzsichtigkeit zu retten.

Siehe dazu auch in Telepolis: (jk)