USB-Cams: Der K(r)ampf mit der GPL

Das zähe Ringen um die Auslegung der GNU-Lizenz (GPL) in Open-Source-Kreisen fordert ein neues Opfer: In kommenden Linux-Kernel-Versionen wird brauchbarer Support für Philips-USB-Kameras fehlen.

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Von
  • Peter Siering

Das zähe Ringen um die Auslegung der GNU General Public License (GPL) in Open-Source-Kreisen fordert ein neues Opfer: In kommenden Linux-Kernel-Versionen wird der Support für nur binär verfügbare Treiber für Philips-USB-Kameras fehlen. Der Kernel selbst enthält zwar bisher ein USB-Modul für die Kameras von Philips, die mit verschiedenen Namen auch als OEM-Ware am Markt sind, doch das im Quelltext verfügbare Modul aus dem Kernel reizt die Fähigkeiten der Kameras nicht aus.

Ein Niederländer, unter dem Namen Nemosoft bekannt, hat seit vielen Jahren Treiber gepflegt, die alles aus den Geräten herausholen. Allerdings hat er dazu ein NDA bei Philips unterschreiben müssen und konnte deshalb nicht den kompletten Quelltext herausgeben. Über einen Hook im GPL-Kernelmodul für die Geräte konnte der Binärcode aber nachgeladen werden, sodass sich die Kameras mit dem besseren Treiber ohne Kernel-Neukompilation einsetzen ließen.

Der USB-Maintainer des 2.6er-Kernels hat mit seinen aktuellen USB-Patches jetzt diesen Hook entfernt. In seinen Augen handelt es sich dabei um eine Funktion, die sich nicht mit der GPL verträgt, weil sie allein zum Nachladen von proprietärem Code (closed source) dient. Die Tatsache, dass sie auch für andere Erweiterungen dieses Treibers benutzt werden könnte, genügt ihm nicht, schließlich gibt es bisher nur diese eine Ergänzung. Er bezieht sich bei seiner Entscheidung auf ältere Diskussionen über die GPL und Kernelmodule.

Nemosoft hat als Reaktion auf die Ankündigung des USB-Maintainers Greg Kroah-Hartman angedroht, die Entwicklung des Treibers ad hoc einzustellen, und außerdem darum gebeten, den von ihm stammenden GPL-Code im Linux-Kernel zu entfernen. Und so kam es dann auch: Der Maintainer hat den Hook in den Quelltexten getilgt, inzwischen auch den PWC-Treiber entfernt. und Nemosoft hat seine Web-Seiten, Treiberarchive und das Bugtracking-System aus dem Netz genommen und dort nur noch eine Nachricht zu seinen Motiven hinterlassen.

Auf den einschlägigen Mailinglisten machen inzwischen einige Nutzer der betroffenen Kameras ihrem Unmut über den Schritt Luft und bitten Nemosoft, die Treiber unabhängig weiter zu entwickeln. Auch diskutiert man, ob Nemosoft den unter GPL stehenden Code "zurückfordern" kann. Sogar Linus Torvalds hat sich eingemischt und gesagt, dass es nach seiner Einschätzung der Lage in Ordnung wäre, der Bitte zum Entfernen der Quellen aus dem Kernel nachzukommen.

Wer die Diskussionen verfolgt, gewinnt leicht den Eindruck, dass derzeit einige grundsätzliche Verfechter einer strikten Auslegung der GPL am Werk sind, die den Erfolg von Linux nutzen wollen, um den Druck auf die Hardware-Hersteller zu erhöhen. Noch immer weigern sich viele Hersteller, Dokumentation mit internen Informationen für ihre Produkte herauszugeben, damit quelloffene Software für den Einsatz unter Linux entstehen kann. Noch immer bleiben viele Geräte unter Linux unbenutzbar, wenn das System nicht mit zusätzlicher Firmware, etwa aus den Treibern für Windows, oder womöglich dem ganzen Windows-Treiber versorgt wird. Insofern erscheint der erhöhte Druck auf die Hersteller für viele Nutzer begrüßenswert; andere User aber befürchten, dass solche Schritte schnell in einen ziemlichen Krampf ausarten, wenn sie betroffene Geräte (weiterhin) nutzen wollen. (ps)