Indymedia: Beschlagnahmte Festplatten zurück, Hintergründe unklar

Das Verwirrspiel um das unabhängige Medien-Netzwerk Indymedia geht weiter.

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Von
  • Torsten Kleinz

Das Verwirrspiel um Indymedia geht weiter. Am Mittwoch wurden die in der vergangenen Woche beschlagnahmten Festplatten dem Provider Rackspace zurückerstattet. Wie es überhaupt zur Beschlagnahme kommen konnte, ist weiterhin unklar. Indymedia arbeitet daran, die Server wieder in Betrieb zu setzen.

Am vergangenen Donnerstag waren die Festplatten von zwei Servern des Medien-Netzwerks Indymedia in London und San Antonio beschlagnahmt worden. Der Provider Rackspace hat sie nach eigenen Angaben der amerikanischen Bundespolizei FBI übergeben. Doch über die Hintergründe herrscht Schweigen. Am Wochenende gab ein FBI-Sprecher gegenüber den Medien lediglich an, dass die Beschlagnahme im Zuge eines Rechtshilfeabkommens geschehen sei. Der Provider Rackspace verweigerte unter Hinweis auf einen Gerichtsbeschluss weitere Informationen zu dem Fall. Das in den USA ansässige Unternehmen gibt an, als "good corporate citizen" gehandelt zu haben: Die Beschlagnahme sei gemäß einem internationalen Abkommen zur Bekämpfung von Terrorismus, Entführungen und Geldwäsche erfolgt.

Die britischen Behörden wurden von der Beschlagnahme der Festplatte in der Londoner Niederlassung des US-Providers scheinbar nicht eingeschaltet. Der liberale Abgeordnete Richard Allan hat auf seiner Webseite eine entsprechende parlamentarische Anfrage an die britische Regierung angekündigt. In den USA verlangt die Electronic Frontier Foundation Aufklärung über die Vorfälle -- bisher ohne Erfolg.

Vor diesem Hintergrund gibt eine Stellungnahme eines Rackspace-Mitarbeiters Rätsel auf. Er hatte Indymedia mitgeteilt, dass die Festplatten auf Grund einer Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss zurückerstattet worden seien. Da die Betroffenen jedoch bislang keine Angaben haben, welches Gericht für die Aktion verantwortlich zeichnet, konnten sie bisher auch keine Beschwerde einreichen. Immer noch herrscht zudem Rätselraten, wer hinter dem Rechtshilfeersuchen an das FBI stehen soll. Die Staatsanwaltschaft von Bologna bestätigte ein Ermittlungsverfahren gegen Indymedia wegen Unterstützung des Terrorismus, genauere Details sind jedoch unbekannt. Auch in der Schweiz wird gegen Indymedia ermittelt, da auf der Webseite Bilder und Namen von zwei Schweizer Geheimpolizisten veröffentlicht wurden, die bei Demonstrationen in Genf Krawalle provoziert haben sollen. Doch diese Bilder waren bereits von Indymedia selbst entfernt worden.

Die Beschlagnahme führte zu internationalen Protesten. Mehrere Journalisten-Organisationen kritisierten die Maßnahme. "Wir mussten eine unerträgliche und aufdringliche internationale Polizeioperation gegen ein Netzwerk beobachten, dass sich auf unabhängigen Journalismus spezialisiert hat", sagte Aidan White, Generalsekretär der International Federation of Journalists.

Von der Aktion waren 20 verschiedene Indymedia-Gruppen betroffen, nicht alle konnten bis heute wieder ihren regulären Betrieb aufnehmen. Die Wiederinbetriebnahme der betroffenen Server wird noch einige Zeit dauern. Obwohl die zurückgegebenen Festplatten offenbar die Originale sind, betrachten die Verantwortlichen die Daten als kompromittiert und wollen sie erst nach ausführlicher Prüfung wieder freischalten. Indymedia fordert nun die Rückgabe oder Löschung aller Kopien der Daten und verlangt Aufklärung, welche Organisationen darauf Zugriff hatten. (Torsten Kleinz) / (jk)