RoboNexus propagiert Roboter für zu Hause

Die erste US-Messe für Robotik im kalifornischen Santa Clara ist ein Stelldichein der Roboterforscher von Rang und Namen. Sie kommen nicht nur zum Fachsimpeln, sondern hoffen endlich auch auf gute Geschäfte.

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Von
  • Erich Bonnert

Die Invasion der Roboter -- sie hat begonnen, bleibt jedoch zaghaft und voller Unwägbarkeiten, darin sind sich selbst langjährig Beteiligte einig. Eine gerade erschienene Studie der UN Economic Commission for Europe (UNECE) weist einen Anstieg der Investitionen um 19 Prozent im Jahr 2003 aus. Bislang waren Roboter fast ausschließlich im industriellen Einsatz zu finden, insbesondere in der Kfz-Fertigung. Jetzt aber sollen sie zunehmend bei Privatkäufern Zuspruch finden, freilich in ganz anderer Form. Das hoffen jedenfalls die Teilnehmer der RoboNexus International Conference & Exposition, die derzeit im kalifornischen Santa Clara stattfindet.

Eine wachsende Anzahl meist junger Firmen versucht mit Spielzeugen, automatischen Haushaltsgeräten und Service-Robotern einen neuen Markt zu erschließen. Trotz hohen Unterhaltungswerts -- etwa beim Elektrohündchen Aibo und dem tanzenden Blechgesellen Qrio von Sony -- sind Roboter als Konsumergeräte aber bislang die Ausnahme. Rund 600.000 Haushaltsroboter waren Ende 2003 im Einsatz, ermittelte die UNECE. Die allermeisten davon dürften auf das Konto der US-Firma Irobot gehen, einer Ausgründung der Forschungsfabrik MIT in Boston. Mit dem autonom agierendem Staubsauger "Roomba" ist Irobot das leuchtende Vorbild der gesamten Branche. Rund eine Million Geräte hat das Unternehmen seit 2002 davon verkauft -- und steht nach Auskunft der Präsidentin Helen Greiner kurz vor der Gewinnschwelle.

Mit einer phänomenalen Verkaufskampagne auf dem TV-Shoppingkanal QVC ist Roomba in den vergangengen Monaten zum Medien- und Käuferliebling avanciert. Allein eine halbe Million Geräte verkauften sich zum Preis von rund 200 US-Dollar seit Ende Mai 2004. Der flache Staubsauger im Format einer großen Radkappe erkennt mit Hilfe von Sensoren die Wände, Möbel und anderen Objekte in einem Raum, umfährt Hindernisse und reinigt Teppiche, Holz- und Kunststoffböden "mit 90-prozentiger Gründlichkeit", wie die frühere MIT-Forscherin Greiner anpreist. Ecken und Winkel muß der runde Sauger auslassen. Dafür findet er bei nachlassender Batterieladung selbstständig seine Dockingstation und lädt sich auf. Mit einer zweiten Entwicklung hat sich Irobot ebenfalls viel Publizität verschafft. Der so genannte Pacbot, eine bierkistengroße, flache selbstfahrende Geländeraupe mit Tastarm, wird in Afghanistan und Irak als Minenspürgerät eingesetzt.

Trotz des jüngsten Erfolges von Irobot stellt einer der Mitgründer, Robotik-Papst Rodney Brooks vom MIT fest:"Die praktische Umsetzung unserer Phantasie war viel schwieriger als wir alle gedacht hatten. Am Ende wurde es ein automatischer Staubsauger -- für Roboterwissenschaftler eine recht ernüchternde Erfahrung." Zahlreiche Doktoranden und Diplomanden an Amerikas Elite-Institut hätten Jahrzehnte gebraucht, um zu einem präsentablen Prototypen zu kommen. Bereits 1991 hatte Brooks einen Reinigungsroboter im Labor parat, der alle Fähigkeiten des heutigen Roomba hatte. Bis zum fertigen Produkt verging nochmals über ein Jahrzehnt. Schwerste Barriere waren die Kosten. "Es dauert viele Mannjahre, die Kosten auf ein praktikables Maß zu senken," weiß Brooks heute. Mit diesen Erfahrungen im Rücken aber soll aus den Robotern etwas Ähnliches werden, wie aus den PCs der 70er Jahre. "Wir sind heute etwa im gleich Stadium wie die Homebrew-Computer damals."

Das Robotik-Prinzip laute nun: Selbstständig navigieren und manövrieren -- und als Nebeneffekt etwas Nützliches tun. Mit diesem Ansatz sollen in nächster Zeit Roboter als Rasenmäher, Bodenschrubber und Fensterputzer zu sehen sein. Der nächste Schritt werden Landwirtschaftroboter (etwa Unkraut- und Schädlingsvertilger), Lastenträger und Fahrroboter sein, glaubt der MIT-Professor. Schwierigkeiten gibt es noch bei der Verbesserung der Feinmotorik und Fingerfertigkeit. Die größten Probleme bereiten Roboter aber nach wie vor, wenn sie in menschlichen Umgebungen agieren sollen.

Gerade dort sollen sie in Zukunft aber am hilfreichsten sein -- bei der Betreuung von Senioren oder der Unterstützung von Behinderten beispielweise. Das japanische Wirtschafts- und Forschungsministerium METI investiert in zahlreiche Forschungsprogramme zur technologiegestützten Altenpflege -- wegen der alternden japanischen Gesellschaft und hoher Pflegekosten eine Art Forschungsdoktrin. Aber auch beim Einsatz in der Landwirtschaft oder auf Baustellen sind große Fortschritte zu verzeichnen.

Mit Spannung wurde der mit mehreren Forschungspreisen ausgezeichnete Humanoid-Roboter HRP-2 von Kawada Industries in Santa Clara erwartet. Er wird erstmals außerhalb Japans gezeigt und ist am Samstag auch für die allgemeine Öffentlichkeit zu sehen. Der mannshohe HRP-2 läuft in einem natürlichen Gang auf zwei Beinen, gehorcht auf Zuruf und kann zusammen mit einem Menschen Lasten bewegen. Daneben gibt es eine Aibo-Hundeschau mit männchenmachenden, purzelbaumschlagenden Elektro-Vierbeinern sowie einen Sumo-Roboterwettbewerb im Ringen. (Erich Bonnert) / (anw)