Dem Bankgeheimnis auf der Spur
Ein Sturm geht durch den Medienwald, der Tod des Bankgeheimnisses wird beklagt.
Ein Sturm geht durch den Medienwald, der Tod des Bankgeheimnisses wird beklagt. Warum erst jetzt? Vor fast einem Jahr ließ der Bundestag -- wohl schon in Weihnachtsstimmung -- ein Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit passieren, in dem auch den Finanzbehörden Zugriff auf die Kontenstammdaten gewährt werden soll. Im kommenden April 2005 soll das Gesetz in Kraft treten.
Die Datenabfragemöglichkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist schon seit April 2003 installiert. In zentralen Dateien müssen Banken die Stammdaten, das sind Name und Geburtsdatum des Konteninhabers sowie Kontoart und -nummer, so vorhalten, dass die BaFin jederzeit, ungefragt und unbemerkt diese Daten abfragen kann. Dazu mussten Bankenverbände so genannte Kontenevidenzzentralen auf eigene Kosten aufbauen, Server, in die sie die Daten einspeisen. Diese Maßnahmen geschahen im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und der neuen Geldwäschegesetze. Am 19. Dezember 2003 gelang es Hans Eichel dann im Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit fast unbemerkt eine "Abhöreinrichtung" für seine Finanzbehörde einzuschleifen.
Nachdem c't schon im vorigen Oktober über die Begehrlichkeiten des Finanzministers und die Durchlöcherung des Bankgeheimnisses berichtete und die Abfragemöglichkeit nun schon eineinhalb Jahre in Betrieb ist, warum regt sich die Republik erst jetzt auf? Wahrscheinlich haben nicht nur die Abgeordneten im vorigen Dezember gepennt, sondern auch die Medien. Nun lagen sie lange auf der Lauer nach einem aktuellen Anlass. Der war jetzt wohl gegeben durch die Verfassungsklage der Volksbank Raesfeld, die diese Praxis für nicht grundgesetzkompatibel hält.
Zwar scheint ein Zugriff auf die Stammdaten nicht besonders spektakulär, denn es sind in den Kontenevidenzzentralen keine Salden oder Umsätze gespeichert. Experten warnen jedoch davor, dass allein eine Abfrage, wie viele Konten jemand besitzt, den Finanzbehörden jede Menge "Verdachtsmomente" liefern könnte, auf Grund derer sie dann weitere Informationen bei der Bank abfragen dürften. Bei konkreten Verdachtsmomenten auf Steuerhinterziehung hatten die Steuerbehörden von jeher laut Bankgeheimnis (§30 Abgabenverordnung) das Recht auf Auskunft von der Bank. Ein Verdacht könnte sich nun schon ergeben, wenn ein Steuerzahler ein Konto in der Steuererklärung anzugeben vergisst.
In allem Lamentieren über den Tod des Bankgeheimnisses ist allgemein untergegangen, dass es zwar ein im Grundgesetz verankertes Postgeheimnis gibt, aber kein entsprechendes Grundrecht eines Bankgeheimnisses. Vielleicht wäre das jetzt der richtige Zeitpunkt, dies Versäumnis nachzuholen. (bb)