Neuer Anlauf von Sun für Netzwerkterminals

Sun Microsystems will mit dem Netzwerkterminal Sun Ray wieder einmal den Desktop-Markt vollkommen aufrollen.

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Von
  • Erich Bonnert

Fünf Jahre nach der Vorstellung des ersten Vertreters der Sun-Ray-Architektur für Netzwerkterminals sucht der Server-Hersteller Sun noch immer nach einem tragfähigen Markt für die dummen Terminals mit dem Smartcard-Einschub. An der Technik hat sich in der neuen Ausgabe der Sun-Ray-Terminals wenig geändert, am Preis fast nichts -- und die Verkaufsargumente sind seit jeher die gleichen.

Zum xten Mal führten Sun-Vertreter bei der Vorstellung des neuen Sun-Ray-Modells 170 vor, wie laufende Anwendungen vom Benutzer durch Entfernen der Javacard unterbrochen und an einem anderen Terminal nahtlos weitergeführt werden können. Die Bandbreiteanforderungen haben sich mit dem neuen Sun Ray Server 3 beträchtlich verringert. Waren zunächst noch 100-Mbit/s-Ethernet-Leitungen für den Betrieb der Bildschirmgeräte erforderlich, so genügt jetzt nach Suns Angaben eine DSL-Leitung. Entsprechend sollen nun auch Heimarbeiter in den Genuss kommen, ihre auf Firmenserver liegenden Daten und Programme von zu Hause aus zu benutzen. Darüber hinaus zählte der Hersteller die bekannten Vorzüge der Architektur gegenüber Desktop-PCs auf: wartungsfrei durch zentral verwaltete Anwendungen auf einem Server; virensicher durch fehlende lokale Festplatte und Prozessor; Mobilität der Benutzer durch Mitnahme ihrer Sitzungsdaten.

Dies alles -- einschließlich Cost-of-Ownership-Studien von wechselnden Beratungsunternehmen wie Gartner oder Forrester -- predigt Sun seit 1999. Es hat allerdings bisher knapp gereicht, einige hunderttausend Exemplare an den Mann zu bringen. Im gleichen Zeitraum haben nicht nur zahlreiche Computerhersteller Lehrgeld mit der Entwicklung von so genannten Netzcomputern gezahlt -- es wurden auch hunderte Millionen PCs verkauft. Und Sun selbst vertreibt inzwischen sogar ein komplettes, unter anderem auf Linux aufbauendes Softwarepaket namens Java Desktop System für Client-Rechner.

So räumt selbst Suns Softwarechef John Loiacono ein, dass Sun Ray die Erwartungen bisher bei weitem nicht erfüllt hat. Trotzdem glaubt er, dass ein Riesenerfolg für die Bildschirmgeräte unmittelbar bevorsteht. Telecom-Firmen, Banken und der öffentliche Dienst seien hellauf begeistert von der Architektur, meint der Sun-Manager. Der Preis pro Sun-Ray-Arbeitsplatz beträgt 1049 Dollar für das Bildschirmgerät zuzüglich 99 Dollar für die Server-Software. Sun will mit der Möglichkeit, DSL-Anschlüsse mit Sun Rays zu bestücken, sogar in den Consumer-Markt vordringen. Konkrete Ideen und Pläne konnte Loiacono aber noch nicht nennen.

Einen solventen Kunden hat Sun immerhin an der Angel: Der Computerbereich des US-Verteidigungsministeriums (DoDIIS) muss qua Gesetz alle Arbeitsplätze seiner zahlreichen Geheimdienste in vier Jahren auf ein zentrales Informationssystem umstellen. Dies soll durch die Einführung von Sun Rays auf rund 25.000 Arbeitsplätzen an 980 Standorten in mehreren Stufen erfolgen. Derzeit müssen viele der Mitarbeiter in den Aufklärungsdiensten zwischen fünf und zehn Terminals für unterschiedliche Rechnersysteme bedienen. Eines der weltweit größten militärischen Computerprojekte sieht vor, diese in einem zentrales System mit sicheren Terminals (DoDIIS Trusted Workstation) zu konsolidieren. Dabei soll auch flächendeckend Internet-Telefonie eingeführt werden. "Anders", verriet Program Manager Ryan Duarte von DoDIIS, "kriegen wir unsere Probleme nie in den Griff." (Erich Bonnert) / (jk)