Datenschutz in den neuen EU-Ländern

Datenschutzbehörden in Osteuropa stoßen auf Probleme, die in den alten EU-Ländern unbekannt sind. Datenschützer kritisieren auch westliche Firmen, die Verbraucherrechte in den neuen EU-Ländern missachten.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Datenschutzbehörden in Osteuropa stoßen auf Probleme, die in den alten EU-Ländern unbekannt sind. Ewa Kulesza, Generalinspekteurin für Datenschutz in Polen, kritisiert westliche Unternehmen, "die die Datenschutzgesetzgebung in ihrem Staat auf perfekte Weise beachten, aber die Verbraucherrechte in unserem Teil Europas relativ häufig verletzen". So versuchten etwa Versicherungsgesellschaften in die Verträge spezielle Einwilligungsklauseln zur Erhebung von Daten über den Gesundheitszustand der Versicherten einzubauen.

Anlässlich der Verabschiedung des langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung GDD, Bernd Hentschel, erläuterte Kulesza gestern in Bonn den Fortschritt des Datenschutzes in Osteuropa. Teilweise kämpfen die Datenschützer noch mit den Überbleibseln der kommunistischen Ära: Banken etwa kopierten gerne persönliche Unterlagen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verträgen. Problematisch hierbei sei, meinte Kulesza, dass viele Bürger noch alte Personalausweise besitzen. Die mehrseitigen Ausweise enthielten umfangreiche Informationen über die Vergangenheit der betreffenden Person. So seien alle seit der Ausstellung des Ausweises gemeldeten Wohnsitze oder Beschäftigungsorte aufgeführt. Sowohl der ungarische als auch die polnische Datenschutzbeauftragte kritisierten diese bis heute verbreitete Praxis, da sie ohne Zweckbindung personenbezogene Daten erhebe.

Mittel- und osteuropäische Datenschützer gründeten angesichts dieser besonderen Problemstellungen 2001 eine eigene Arbeitsgruppe. Seit dem EU-Beitritt lädt diese auch Vertreter von Nicht-EU-Staaten ein, die eine Datenschutzgesetzgebung in ihrem Land besitzen beziehungsweise einführen wollen. In den neuen EU-Ländern wurde die Datenschutz-Gesetzgebung seit Beginn der 90er Jahren schrittweise eingeführt. Zu den Vorreitern gehörte etwa Ungarn; aber auch in der Tschechischen Republik, in Malta und der Slowakei können Datenschutzbehörden heute Geldbußen bis zu 25.000 Euro verhängen.

Die polnische Datenschutzbehörde erhielt im vergangenen Jahr über 1.000 Beschwerden. Sie führte 144 Kontrollen durch und erließ knapp 2.000 Verwaltungsakte. Zahlreiche Beschwerden bezogen sich auf Fälle, in denen Daten nicht zweckgebunden verwendet wurden: So benutzten Banken Kundendaten, um einen Rentenfonds zu bewerben. Die Polizei legte Bilder von überprüften Personen in einer Verdächtigenkartei ab, obgleich die Kontrollen ohne Ergebnis verlaufen waren. Journalisten veröffentlichten in Zeitungen und Fernsehsendungen Privatanschriften. Richter ließen Journalisten vor einer Urteilsverkündung die Akten einsehen.

Der Datenschutz sei, betonte Ewa Kulesca, in Polen daher "kein "totes" Recht, das nur formell in die Rechtsordnung eingeführt worden sei, um die Forderungen der Europäischen Union zu erfüllen. Die seit 1997 auch in der polnischen Verfassung verankerte Gesetzgebung habe bei den Bürgern zu einer erhöhten Aufmerksamkeit auf ihre Persönlichkeitsrechte beigetragen. Hierbei spielen zahlreiche Bildungsmaßnahmen eine wichtige Rollen. In Litauen werden inzwischen sogar Wettbewerbe durchgeführt, um das Datenschutz-Wissen von Schulkindern zu prüfen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)