UN-Arbeitsgruppe veröffentlicht ABC der Internet-Verwaltung

Die Zeit sei gekommen, das Dreiecksverhältnis zwischen Privatsektor, Zivilgesellschaft und Regierungen im Bereich der globalen Netzverwaltung klarer zu fassen, meint die UN-Arbeitsgruppe zur "Verwaltung von Internetnamen und -Adressen".

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Von
  • Monika Ermert

Die Zeit sei gekommen, das Dreiecksverhältnis zwischen Privatsektor, Zivilgesellschaft und Regierungen im Bereich der globalen Netzverwaltung klarer zu fassen und festzulegen, wie öffentliche Belange darin am besten berücksichtigt werden können. Das schreibt die Arbeitsgruppe "Verwaltung von Internetnamen und -adressen" in einem von 13 nun veröffentlichten Themenpapieren der UN-Arbeitsgruppe Internet Governance. Die Papiere zur DNS-Verwaltung , zu Telekommunikation und Konvergenz, Spam, Sicherheit und Cybercrime sollen bis zum Juni in Empfehlungen zur Zukunft der globalen Netzverwaltung an den UN-Generalsekretär und die Staatengemeinschaft einfließen.

Die beiden Papiere zur Namens- und Nummernverwaltung und zur Organisation des DNS-Root-Server-Systems dürften dabei im Zentrum der Debatten stehen. Denn genau um deren Organisation drehten sich beim ersten Weltgipfel der Informationsgesellschaft stundenlange Debatten. Sehe man von der Kritik einiger Regierungsvertreter und möglicherweise einiger Vertreter der Zivilgesellschaft ab, ergebe sich generell das Bild, dass die mit der Netzverwaltung betrauten Organisationen durchaus im Sinne der Schlusserklärung des WSIS-Gipfels arbeiteten, heißt es im Themenpapier zur Verwaltung der DNS-Rootserver. Trotz der anerkannten Stärken der Verwaltung durch die buntgemischte Truppe der Root-Server-Betreiber ist der Mangel an vertraglichen Regelungen der WGIG-Arbeitsgruppe doch etwas suspekt.

Außerdem stellt die UN-Arbeitsgruppe die Rolle des US-Handelsministeriums beziehungsweise der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) ganz nüchtern zur Diskussion. Die Sonderstellung der NTIA als Aufsichtsbehörde für die Internet-Verwaltung ICANN führe etwa dazu, dass "eine nationale Regierung zwar den Betreiber für die nationale Top Level Domain auswählen kann, doch diese Delegation technisch erst noch von Internet Corporation for Assigned Names and Numbers und der NTIA abgesegnet werden muss". Zwar sei mit dem Ablauf des Memorandum of Understanding im September 2006 ICANNs Unabhängigkeit geplant. Die Frage, ob die NTIA damit auch ihre Kontrollfunktion für Änderungen in der Root-Zone abgebe, sei allerdings ungeklärt.

Folgt man Markus Kummer, Koordinator der UN-Arbeitsgruppe, sind die Chancen ziemlich gering, dass die USA die Kontrolle über die Root-Zone im DNS aufgeben. Kummer meinte gegenüber US-Journalisten: "Die Idee einer neuen Internet-Superorganisation ist nicht realistisch." Der Schweizer Diplomat sieht demnach die Chance der UN-Arbeitsgruppe eher darin, erst einmal alle beteiligten Länder an einen Tisch zu bringen. Die 13 veröffentlichten Papiere lesen sich denn über weite Strecken denn auch zunächst einmal wie ein ABC der globalen Netzverwaltung. Dabei kommen Organisationen wie die ICANN, die regionalen IP-Adressverwalter (RIRs) und auch die einzige als zivilgesellschaftlich eingestufte Standardisierungsorganisation Internet Engineering Task Force (IETF) sehr gut weg. Die RIRs werden schlicht als funktionierende Selbstverwaltung bezeichnet. Der ICANN wird allenfalls vorgeworfen, dass sie noch wesentlich mehr für die Öffnung der Organisationen gegenüber Entwicklungsländern und der Zivilgesellschaft tun muss. ICANN wird als völlig neues Modell mit großen Chancen anerkannt.

Das traditionelle Internet, so heißt es im Telekommunikations-Themenpapier, bringe auf jeden Fall eine Reihe völlig neuer Regulierungs- und Verwaltungsmechanismen mit sich. Regulierung des herkömmlichen Telecom-Systems durch die ITU auf der einen und die DNS-Namens- und IP-Adressverwaltung auf der anderen Seite werden als Pole der beiden Welten gesehen, ebenso wie in der Standardisierung in ITU und IETF. Auf eine Seite schlagen will sich die UN-Arbeitsgruppe aber (noch) nicht: Vielleicht würden Telecom- und Internetregime nebeneinander leben, vielleicht würden sie verschmelzen, vielleicht werde eine Welt am Ende den Sieg davon tragen. (Monika Ermert) / (jk)