Ein Schalter ist eine Welt -- zum Tode von Jef Raskin
Als Koordinator und Ideengeber bei Apple als Mitarbeiter Nummer 31 angestellt, gilt Raskin als eigentlicher Vater der Benutzeroberfläche des Apple Macintosh. Im Alter von 61 Jahre erlag der Philosoph und Mediendesigner seinem Krebsleiden.
Im Alter von 61 Jahren erlag der Philosoph und Mediendesigner Jef Raskin am 26. Februar seinem Krebsleiden. Als Koordinator und Ideengeber bei Apple als Mitarbeiter Nummer 31 angestellt, gilt Raskin als eigentlicher Vater der Benutzeroberfläche des Apple Macintosh. Mit dem vom McIntosh-Apfel abgeleiteten Rechner -- auch dieser Name stammt von Raskin -- wurde die Idee einer intelligenten Verbindung zwischen Mensch und Maschine erstmals auf breiter Ebene erlebbar. Zuletzt arbeitete Jef Raskin am Jef Raskin Center for Humane Interfaces, das erst im Januar mit einer IBM-Spende von 2 Millionen Dollar die Arbeit aufnehmen konnte. Seinen letzten öffentlichen Aufritt hatte er in einem Dokumentarfilm, der die ganze Spannbreite seiner Interessen zeigt.
Jef Raskin -- das zweite f in seinem Vornamen ließ er als redundante Information streichen -- wurde am 8. März 1943 in New York geboren. Er studierte Mathematik und Philosophie und Musik in New York sowie Informatik in Pennsylvania. Seine Abschlussarbeit im Jahre 1967 bestand aus einem Programm, das ursprünglich Musik komponieren sollte. Zum Promotionsstudium wechselte Raskin an die Universität von Kalifornien in San Diego, wo er von 1970 bis 1974 als "Assistent Professor Visual Arts" Kunst und Fotografie unterrichtete und das Third College Computer Center aufbaute. Seinen Abschied von der Universität zelebrierte Raskin in einem Heißluftballon, weil "heiße Luft das Einzige ist, das eine Universität produziert". Er schlug sich als Autor für Dr. Dobbs Journal und als Musiker durch, bis er 1975 die Firma Banister & Crun gründen konnte. Sie sollte eigentlich mit dem 8080 von Intel groß ins Programmiergeschäft einsteigen. Die Firma produzierte schließlich Handbücher für National Semiconductor, Heath, Hewlett-Packard und Xerox. 1978 wurde Raskin als "Manager of Publications" bei Apple eingestellt, wo er das Handbuch für den Apple II schrieb.
Maßgeblich an dem Interface des Apple Macintosh beteiligt, führten Auseinandersetzungen mit Steve Jobs über den Mac dazu, dass Raskin als Projektverantwortlicher für die Software die Firma 1982 verlassen musste. Raskin, der während seiner Zeit als Professor im Palo-Alto-Labor von Xerox mitarbeitete und dafür sorgte, dass Apples Lisa schließlich Bitmap-Grafiken unterstützte, hasste die Maus als überflüssiges Eingabegerät, wie er später im Interview erklärte: "Ich hasse Mäuse. Die Maus verführt zu Armbewegungen, die den Menschen ausbremsen. Ich wollte keine Maus am Macintosh sehen, aber Jobs bestand darauf. Damals passierte alles, was er sagte, egal ob es eine gute oder schlechte Idee war und ich musste gehen."
Raskin wechselte an das Dansk Datamation Institute und begann in Dänemark, Interface-Design zu lehren. Auf Bitten seiner Frau ging der Jungvermählte nach Kalifornien zurück, wo Raskin Information Appliances gründete. Diese Firma entwickelte die Swyftcard für Apple und für Canon den Canon Cat. Mit dieser Maschine, die alle Ideen Raskins versammelte, handelte sich der Interface-Pionier eine schwere Niederlage ein. "Der Cat hatte keinen Ein/Ausschalter. Die Idee war, dass der Computer als Appliance immer eingeschaltet ist und mit jeder beliebigen Taste sofort arbeitet. Als die ersten Cats aus Japan eintrafen, hatten sie hinten einen Schalter. Das war ein Riesenunterschied und er wurde nicht begriffen, dazwischen liegt eine ganze Welt an Design-Ideen." Nach dem Misserfolg des Cat widmete sich Raskin anderen Projekten in weiteren Firmen, die unter anderem seine Funkfernsteuerungen für Modellflugzeuge und seine E-Pianos herstellten. Das große Geld kam indes mit einer Entwicklung einer neuartigen Fräsmaschine für die Holzbearbeitung.
Seine Ideen zum Computer fasste Raskin viel später in dem Buch "Das intelligente Interface. Neue Ansätze für die Entwicklung interaktiver Benutzerschnittstellen" zusammen. In dieser Richtung will das Jef Raskin Center die Ideen zur Kommunikation zwischen Mensch und Maschine weiter entwickeln. (Detlef Borchers) / (jk)