Stallman kündigt Kampagne für freie BIOSe an
Das Gründungsmitglied der Free Software Foundation hat auf der FOSDEM eine Kampagne vorgestellt, die den freien Zugang zu Hardware-Dokumentationen fordert, um ein freies BIOS entwickeln zu können.
Richard Stallman, Gründungsmitglied der Free Software Foundation (FSF), hat auf dem Free and Open Source Developers' European Meeting (FOSDEM) eine Kampagne vorgestellt, die den freien Zugang zu Hardware-Dokumentationen und die Entwicklung eines freien BIOS fordert. Das BIOS sei mittlerweile Software wie jede andere; es fehlen seiner Ansicht nach freie Alternativen.
Früher sei das BIOS eine integraler Bestandteil der Hardware und fest in einen Chip eingebrannt gewesen. Daher habe man es damals als Hardware angesehen und sich in der Free-Software-Bewegung nicht darum kümmern müssen. Seit Mitte der 90er-Jahre wird das BIOS oder die zum Betrieb nötige Firmware meist in einem nichtflüchtigen Speicherbereich geschrieben und lässt sich problemlos aktualisieren. Daher sei das BIOS oder die Firmware heute als Software anzusehen, die aus Stallmans Sichtweise ähnlich wie Microsoft Windows, Adobe Photoshop oder Suns Java Platform nicht frei ist.
Die Informationen zur Initialisierung der Hardware bei Systemstart stehen heute zudem nicht mehr wie früher frei zur Verfügung -- daher könne man auch nicht einfach ein freies BIOS entwickeln. Mit dem Projekt LinuxBIOS gibt es bereits eine offene BIOS-Plattform für Linux, sie funktioniert jedoch nur auf einigen wenigen Systemen, für die die Hersteller von Boards oder Chipsätzen Dokumentation bereitgestellt haben. Notebooks, die sich mit LinuxBIOS einsetzen lassen, gibt es laut Stallman nicht, und auch der Konzern IBM, der Notebooks für die FSF bereitgestellt hat, weigere sich, entsprechende Informationen freizugeben. IBM verweist dabei auf die Durchsetzung von "trusted computing". Wie ein neues BIOS eingespielt wird, ist ebenfalls meist nicht frei zugänglich -- somit kann man freie BIOSe unter Umständen nicht einspielen, auch wenn die Hardware möglicherweise unterstützt wird.
Auch wirken sich laut Stallman immer mehr Fehler im BIOS auf Systeme wie Linux aus. Viele Notebooks machen mit Linux Probleme, weil die ACPI-Tabellen im BIOS nicht exakt den ACPI-Standard entsprechen und nur für den Einsatz mit Windows validiert wurden. Auch funktioniert der ACPI-Energiesparmodus S3 (Suspend to Ram/STR) auf vielen Notebooks unter Linux nicht, weil die Hersteller von Grafikchips keine Informationen bereitstellen, wie die die Grafikkarten nach dem Schlafzustand neu initialisiert werden müssen.
Da bisheriges Drängen seitens der FSF nicht zu Erfolgen geführt habe, wolle man jetzt mittels der Kampagne öffentlich Druck auf die Hardware-Hersteller ausüben. Stallman betont dabei, dass speziell Intel unkooperativ sei -- der Hersteller habe zwar ein Open-Source-BIOS angekündigt, hier würden jedoch nur die unwichtigen Teile veröffentlicht, währen der Kern immer noch geheim sei. AMD sei hier aufgeschlossener, daher empfiehlt er Systeme mit AMD-Prozessoren zu kaufen -- was auf der FOSDEM zu Belustigung und Pfiffen von Teilnehmern mit Apple-Notebooks führte.
Schaut man sich allerdings die zur Verfügung stehenden Hardware-Dokumentationen auf den Webservern von Intel, AMD und deren Chipsatzhersteller an, klaffen bei beiden hier und da Lücken in den Dokumentationen -- Intel-Hardware scheint momentan zumindest in einigen Belangen besser dokumentiert; zudem ist Intel in vielen anderen Bereichen auf Unterstützung von Linux bedacht. Unter den Hersteller von Chipsätzen für AMD-Prozesoren dagegen ist der Linux-Support seitens der Hersteller nicht sehr ausgeprägt; öffentliche zugängliche Dokumentation der Hardware steht praktisch nicht bereit. (thl)