Digitaler Solidaritätsfonds nimmt seine Arbeit auf
Der Fonds soll IT-Infrastrukturprojekte und den Aufbau von Telezentren in Entwicklungsländern unterstützen.
In Genf startete offiziell der Digitale Solidaritätsfonds (DSF). Der Fonds, der vom senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade im Rahmen des Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS) vorgeschlagen worden war, soll IT-Infrastrukturprojekten und Telezentren in Entwicklungsländern aufhelfen. Immerhin 6,1 Millionen Euro Fördergelder kamen bis gestern zusammen.
Das wesentliche Finanzierungskonzept soll künftig eine nach der Stadt Genf benannte Abgabe auf öffentliche IT-Aufträge sein. Seit dem 1. Januar gilt in der Gastgeberstadt des ersten Weltgipfels bereits das "Genfer Prinzip": Wer IT an städtische Stellen liefert, muss ein Prozent der Vertragssumme in den Fonds einbezahlen, sonst bekommt er den Auftrag nicht. Die ersten 900 Euro kamen von der Schweizer Firma Coris, die die Stadt Genf zu den Möglichkeiten der Migration zu Open-Source-Software beraten soll, so Elena Ursache vom DSF-Büro in Genf. "Es ist nicht so viel, dass die Unternehmen dadurch übermäßig belastet werden", so Ursache. Aber es soll einen kontinuierlichen Geldfluss bedeuten. Für die Unternehmen gibt es übrigens ein spezielles DSF-Label fürs Geld.
Gründungsmitglieder der Stiftung sind neben dem Senegal die Dominikanische Republik, Äquatorialguinea, Marokko, Frankreich, Algerien und Nigeria. Stärker als von nationalen Regierungen dürfte der Fonds erst einmal von verschiedenen Provinzen in Frankreich, Italien, dem Baskenland und einer langen Liste von Städten getragen werden, die zu den Gründungsmitgliedern gehören.
Gefördert werden sollen mit dem Geld bevorzugt IT-Projekte, die in betroffenen Ländern nicht selbst finanziert werden können. 60 Prozent soll laut der Satzung an Projekte in den ärmsten Entwicklungsländern gehen, 30 Prozent an Projekte in Entwicklungsländern und 10 Prozent an Projekte in Schwellenländern und entwickelten Ländern. Profitieren könnte etwa Gründungsmitglied Dominikanische Republik, die laut Präsidentengattin Margarita Cedeo de Fernandez alle 135 Städte des Inselstaates mit Telezentren ausstatten will.
Micheline Calmy-Rey, Chefin des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten, die neben Wade und den Außenministern von Marokko und Frankreich bei der Auftaktveranstaltung sprach, lobte sowohl das Engagement der Städte und Provinzen, als auch das Prinzip der Süd-Süd- und nicht nur Nord-Süd-Partnerschaft des DSF. "Es sind die nationalen Regierungen, die Entscheidungen treffen, aber die lokalen Behörden sind diejenigen, die etwas tun", so Calmy-Rey.
Beim Weltgipfel Ende 2003 hatte die Fondsidee wenig Anhänger gefunden. Die Mehrzahl der Regierungen hatte vor noch einem weiteren entwicklungspolitischen Finanzierungskonzept gewarnt. Die UN Task Force zu den Finanzierungsmechanismen hatte es noch nicht einmal für nötig befunden, den Fonds in ihrem Abschlussbericht zu erwähnen. Nach den Verhandlungen bei der zweiten Gipfel-Vorbereitungskonferenz konnten sich die Regierungen (nach der Europäischen Union) dann schließlich dazu durchringen, die Etablierung des Fonds in den Dokumenten für den zweiten Gipfel zu "begrüßen".
Der Economist kritisiert in seiner jüngsten Ausgabe den Fonds heftig als fehlgeleiteten Versuch, die digitale Spaltung durch "Top-down IT Infrastrukturprojekte" zu überwinden und empfiehlt, doch lieber auf die Verbreitung von Mobiltelefonen statt PCs zu setzen und dafür die Telecommärkte zu öffnen. Kritische Worte zu Gunsten des Fonds kamen dagegen heute vom ITU-Generalsekretär Yoshio Utsumi: "Während einige weiter reden, haben die Initiatoren des Digitalen Solidaritätsfonds den Start des Fonds vorbereitet. Ein Praxisbeispiel ist besser als ein guter Vorsatz." (Monika Ermert) / (anw)