Etappensieg für die Telekom in der Immobilienaffäre

Der Schlussstrich, den die Ermittler zogen, bedeutet keineswegs, dass das Immobilienthema für die Telekom endgültig aus der Welt ist.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Ende gut, alles gut? In der Immobilienaffäre wird keine Anklage gegen ehemalige Telekom-Manager erhoben. Nach jahrelangen Ermittlungen über mögliche Falschbilanzierung und Kapitalanlagebetrug schloss die Bonner Staatsanwaltschaft am Donnerstag die Akte Telekom. Doch der Schlussstrich, den die Ermittler zogen, bedeutet keineswegs, dass das Immobilienthema endgültig aus der Welt ist.

Vor dem Frankfurter Landgericht läuft weiterhin eine Zivilklage gegen den rosa Riesen. Mehr als 14.000 Kleinaktionäre fordern Schadenersatz für Vermögensverluste, die sie beim dritten Börsengang 2000 erlitten hatten. Die Aussicht, dass die Telekom am Ende doch noch zur Kasse gebeten wird, ist nach Ansicht von Experten heute allerdings geringer denn je; selbst wenn das eine Verfahren nicht direkt mit dem anderen in Zusammenhang steht. "Die Chancen, dass Kleinanleger jetzt noch Schadensersatz für ihre Vermögensverluste erhalten, sind gering", räumt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf ein. Für die Zivilkläger sei es kein guter Tag gewesen. Nach Einschätzung des DSW-Sprechers wird es schwierig sein, den Beweis zu führen, dass die Telekom-Immobilien nicht korrekt bewertet wurden. Wer keine Rechtsschutzversicherung habe, sollte sich überlegen, vorzeitig die Reißleine zu ziehen.

Gleichwohl schreibt die Bonner Staatsanwaltschaft, dass in der Eröffnungsbilanz der Telekom AG 1995 die Immobilien tatsächlich um 2 Milliarden DM zu hoch angesetzt worden sein. Der Beschuldigte hält dagegen an der Korrektheit der Bilanzierung fest. Die Bewertung der Grundstücke und Gebäude sowie die Eröffnungsbilanz zum Stichtag 1.1.1995 seien in Ordnung gewesen, betont die Telekom schon fast gebetsmühlenartig. Hierzu lägen schließlich entsprechende Testate von Wirtschaftsprüfern vor.

Tatsächlich ist das Thema höchst kompliziert und verworren. Es begann damit, dass bei der Privatisierung der ehemaligen Bundesbehörde der damalige Finanzvorstand Joachim Kröske den Immobilienbestand neu bewerten ließ. Mit Blick auf den anvisierten Börsengang 1996 fehlte die Zeit, 35.000 Grundstücke und Gebäude einzeln zu begutachten. So wurden die Objekte zu so genannten Clustern zusammengefasst. Eine Bewertung nach dem Clusterverfahren ist unter Experten höchst umstritten.

Während das technische Anlagevermögen drastisch abgewertet wurde, kam es bei den Immobilien in der Eröffnungsbilanz 1995 zu einer Höherbewertung. Viele Jahre später stellt sich heraus, dass die Buchwerte zum Teil deutlich über den Marktpreisen lagen. So gerieten sich Telekom-Manager in die Haare. Der Chef der damaligen Immobilientochter, Frerich Görtz, machte angeblich auf die fehlerhaften Buchwerte aufmerksam und wurde wenig später gefeuert.

Die Telekom unterschätzte die Dynamik des Immobilienthemas. Im Spätsommer 1998 berichtete der Spiegel erstmals über einen hohen Wertberichtigungsbedarf bei den Immobilien. Das Nachrichtenmagazin berief sich auf eine vertrauliche Studie der Unternehmensberatung von Arthur Andersen, in der ein Abschreibungsbedarf zwischen 3,5 und 4,2 Milliarden DM genannt wurde. Drei Jahre später wurde der Bestand sogar um rund 3 Milliarden Euro (ca. 6 Mrd DM) nach unten korrigiert. Das brachte bei vielen T-Aktionäre das Fass zum Überlaufen. Nachdem die Hiobsbotschaft den Kurs der Aktie, die zuvor ohnehin schon durch das Platzen der Internetblase stark eingebrochen war, weiter abstürzen ließ, gingen Strafanzeigen gegen den Telekom-Vorstand ein. Gleichzeitig wurden Schadensersatzklagen gestellt.

Der Vorwurf: Die Telekom habe von der Überbewertung gewusst, dies den Aktionären im Vorfeld des Börsengangs aber verschwiegen. Das wird von der Telekom entschieden zurückgewiesen. Auch wenn sie sich jetzt im Zusammenhang der Verfahrenseinstellung bereit erklärt hat, 5 Millionen Euro für einen karitativen Zweck zu spenden, ist sich die Telekom keiner Schuld bewusst. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)