IT-System der Berliner Polizei: Dienstschluss ist Dienstschluss

Die Berliner Polizei hat entgegen allen Beteuerungen offenbar weiterhin Probleme mit dem neuen Informationssystem Poliks. Die Beamten reagieren laut einem Zeitungsbericht unterdessen mit ganz eigenen Verhaltensmustern.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Berliner Polizei hat entgegen allen Beteuerungen offenbar weiterhin Probleme mit dem neuen Informationssystem Poliks (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung). Das im März eingeführte, rund 73 Millionen Euro teure IT-Großprojekt sollte eigentlich die Polizeiarbeit beschleunigen, entpuppte sich bislang jedoch häufig als kontraproduktiv. So sollen sogar komplette elektronische Polizeiakten im virtuellen Nirwana verschwunden sein -- inklusive Skizzen, Fotos und Namen von Beschuldigten. Das berichtet zumindest die Berliner Morgenpost in ihrer heutigen Ausgabe.

Die oppositionelle CDU will die Mängel von Poliks deshalb in der kommenden Woche im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses zur Sprache bringen. "Unsere Befürchtungen haben sich bewahrheitet -- Poliks ist offensichtlich noch immer nicht praxistauglich", erklärte der sicherheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Frank Henkel. Klar ist allerdings auch, dass sich das System-Versagen prächtig für boulevardeske Panikmache nutzen lässt: Die Fehler hätten die "Ermittlungen gegen Mörder, Sexualstraftäter und Brandstifter behindert", schreibt die Morgenpost und lässt dazu den Vorsitzenden des CDU-Polizeiarbeitskreises, Peter Trapp, erklären: "Das bedeutet, dass keiner die Straftäter sucht."

Ein Mitarbeiter der Projektgruppe Poliks räumte gegenüber der Zeitung ein, dass man eine Woche lang Probleme mit der Synchronisation gehabt habe. Offline hätten Fälle eingegeben werden können, die Übertragung auf den Poliks-Server sei aber fehlgeschlagen. Um wie viele Vorgänge es sich dabei gehandelt habe, wisse niemand. Die Polizisten leiden dem Bericht zufolge vor allem darunter, dass die Vorgangseingabe in Poliks deutlich länger dauert als früher, bei einem Verkehrsunfall beispielsweise viermal so lange. Worauf einige Beamte mit ganz eigenen Verhaltensmustern reagieren sollen: Sie würden versuchen, Fälle vor Dienstschluss abzuwimmeln, zitiert die Morgenpost einen Beamten.

So habe eine Funkstreife kürzlich ein Raubopfer an einer Tankstelle allein zurückgelassen. Die nachfolgende Kripo habe die Aussagen der Frau aufgenommen -- da seien die ersten Eindrücke und auch Spuren aber längst verwischt gewesen. Diesen Fall kommentierte ein Vertreter des Gesamtpersonalrats der Polizei gegenüber der Berliner Morgenpost unterdessen ganz locker. "Das kommt vor. Das gab es aber schon vor Poliks", soll der frühere Streifenbeamte erklärt haben. (pmz)