ICANN verliert Europadirektor an Galileo
Die Internet- und DNS-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) braucht einen neuen hauptamtlichen Chef für ihr Brüsseler Büro.
Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) braucht einen neuen hauptamtlichen Chef für ihr Brüsseler Büro. Wie die private Netzverwaltung mitteilte, übernimmt Vizepräsident Paul Verhoef bei der Generaldirektion Energie und Transport der EU-Kommission die Leitung der Abteilung für das von der Union geplante Satelliten-Navigationssystem Galileo und für das Thema "Intelligenter Transport". Verhoef war von der EU-Kommission für den ICANN-Posten freigestellt worden. Er kehre, erklärte EU-Kommissar Fabio Colasanti, etwas früher zur Kommission zurück als geplant, auf jeden Fall aber werde man von Verhoefs ICANN-Erfahrung profitieren.
ICANNs Präsident und CEO Paul Twomey begrüßte Verhoefs Ernennung zum Projektmanager für die "teuerste und bedeutsamste" Initiative der Union. Allerdings nehme man durchaus widerstrebend Abschied.
Für Außenstehende kommt Verhoefs Weggang recht plötzlich. Verhoef war der erste Vizedirektor aus Europa, dessen Einstellung gleichzeitig den Start des Brüsseler Büros der ICANN bedeutete. Mit dem regionalen Zugeständnis wollte man ICANN-Betroffenen in Europa, etwa den Länderdomain-Registries, etwas näher rücken. So hielt Verhoef denn auch engen Kontakt zu den rebellischen Länder-TLD-Managern in der EU. Weitere regionale Büros, für die es viele Angebote unter anderem aus Asien gibt, sind seit längerem in der Planung.
In den vergangenen Monaten hat sich Verhoef unter anderem intensiv an den Debatten um den Weltgipfel der Informationsgesellschaft beteiligt. Beim Gipfel steht die ICANN im Zentrum der Kritik. Einige Regierungen würden sie gerne unter die Aufsicht einer internationalen Regierungsorganisation bringen. Noch Ende Mai vertrat Verhoef ICANN beim Treffen der EU High Level Internet Governance Group. Gerade bei der WSIS-Arbeit dürfte die ICANN im Moment ungern auf Verhoef verzichtet haben.
Die Frage eines deutschen Regierungsvertreters, was passieren würde, wenn ICANN morgen abgeschafft wird, beantwortete Verhoef mit dem Hinweis, dass die Verträge von Registries und Registraren dann wohl direkt an das US-Handelsministerium übergehen würden. Danach würde, so Verhoefs Einschätzung, allen Beteiligten vermutlich weitere 10 Jahre Verhandlungen bevorstehen, in denen sie eine "neue ICANN" schaffen müssten, dann allerdings mit wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Beteiligten als bei der Gründung 1998. Verhoef warb daher für weitere Veränderungen bei der ICANN, deren Vertrag mit der US-Regierung definitiv auslaufen werde. Die Regierungen müssen sich nun einig werden, wie eng die Aufsichtsrolle internationaler Regierungen oder der UNO sein solle. (Monika Ermert) / (jk)