Europas digitale Bürgerrechte kosten etwas

Es klingt paradox: Der ersten europaweiten Bürgerrechtsorganisation für digitale Rechte geht das aus den USA kommende Geld aus.

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Von
  • Monika Ermert

Es klingt paradox: Der ersten europaweiten Bürgerrechtsorganisation für digitale Rechte geht das aus den USA kommende Geld aus. EDRI, die European Digital Right Initiative, ein Zusammenschluss aus derzeit 17 Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen in 11 EU-Mitgliedsstaaten, braucht Geld. 42.000 Euro spendierte die Stiftung des umstrittenen Währungsspekulanten und Philantropen George Soros für den Aufbau des Brüsseler Büros ab 2003. Nachdem sich die Stiftung aber nunmehr wieder mehr in den USA engagieren will und das Geld ohnehin als Anschubfinanzierung gedacht war, musste EDRI inzwischen seinem Brüsseler Europadirektor Andreas Dietl kündigen. "Es ist schade," bedauert Dietl, "dass wegen der Geldsorgen wichtige Arbeit nicht getan werden kann und manches lose Ende in der Luft hängt."

Im jüngsten EDRIgramm, dem von Journalisten und Brüsseler Lobbyisten eifrig konsultierten monatlichen Newsletter, heißt es: "EDRI braucht Ihre Hilfe bei der Verteidigung digitaler Rechte in der EU. Spenden erlauben EDRI, sich professioneller Unterstützung in Brüssel zu versichern und in gezielte Kampagnen zu investieren. Angesichts der Pläne zur Vorratsdatenspeicherung und angesichts der kontinuierlichen Erosion digitaler Bürgerrechte kann ihre Spende den entscheidenden Unterschied machen."

Zu sehr habe man bei EDRI im ersten Jahr auf eine Nachfolgefinanzierung von Soros gehofft, sagt EDRI-Schatzmeister Andreas Krisch, Vorstandsmitglied des Vereins für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE!AT). Möglicherweise habe man dabei auch versäumt, andere Finanzierungsquellen zu erschließen. Die Finanzierung eines Brüsseler Hauptamtlichen durch die 17 Mitgliedsorganisationen selbst ist allerdings einfach nicht drin, da viele selbst fast nur auf ehrenamtliches Engagement angewiesen sind. Eine respektable Sponsorenliste und hauptamtliche Mitarbeiter wie die niederländische Bits of Freedom haben nur wenige. Die Finanzierung eines Brüsseler Lobbyisten kann man da auch gegenüber der Mitgliedschaft nicht ohne weiteres rechtfertigen.

"Selbstverständlich geht die Arbeit in Brüssel weiter", betont Krisch, "dafür sorgen die aktiven nationalen Organisationen von EDRI." Auch Kontakte zu den EU-Institutionen würden weiter gepflegt. Wenigstens auf Werkvertragsbasis jemand vor Ort engagieren zu können hält aber auch er für notwendig. Nach einigem Zögern hat man sich daher zu dem Spendenaufruf im aktuellen EDRIgramm entschlossen. Letzteres wird immerhin nach wie vor finanziell unterstützt von der Soros-Stiftung, vor allem vor dem Hintergrund der Übersetzung in osteuropäische Sprachen.

Bei der bevorstehenden EDRI-Generalversammlung wird das Thema Brüssel auf der Agenda stehen, ebenso wie die Finanzierungsfrage. Ideen wie die Öffnung von EDRI für zahlende Einzelmitglieder gibt es. Allerdings könnte auch das wieder eine gewisse Kannibalisierung für die nationalen Organisationen bedeuten. "Natürlich wollen wir ein stärkeres EDRI, als Verfechter der digitalen Rechte in Europa", sagt der Gründer der EDRI-Mitgliederorganisation Netzwerk Neue Medien, Markus Beckedahl. Daher wollten alle mehr Geld, aber in Europa seien die spendablen New-Economy-Millionäre eher rar. (Monika Ermert) / (jk)