BSD-Entwickler Matt Dillon: BSD schwerer anpassbar als Linux

DragonFly-Chef Matt Dillon hält BSD zwar für sauberer programmiert, aber dafür schwerer an moderne Hardware-Konzepte anpassbar.

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Von
  • Mattias Hermannstorfer

Auf SoloBSD.org äußert sich nun auch Matt Dillon, Projektleiter des FreeBSD-4-Ablegers DragonFly BSD, in einem Interview zum Verhältnis von BSD zu Linux. Dabei geht es allerdings weniger kontrovers zu als bei dem jüngsten Interview mit Linus Torvalds, auch sind keine Rundumschläge zu erwarten, wie sie kürzlich OpenBSD-Chef Theo de Raadt gegen Linux ausgeteilt hatte.

Nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Linux und BSD befragt, sieht er Synergien nur auf konzeptioneller Ebene. In der Open-Source-Gemeinde wollten die Leute nun einmal den Code selbst schreiben. Nur völlig eigenständiger Code von Projekten wie ssh oder apache, die auf Portabilität ausgerichtet seien, würden übernommen. Beim Kernel komme es praktisch nur bei Treibern zum Austausch von Programmzeilen, meinte Dillon. So habe Jeffrey Hsu während der Implementierung der selektiven ACK-Rückmeldung (SACK) des TCP-Protokolls von Tests gegen andere SACK-Implementierungen profitiert, unter Anderem bei Linux. Es sei allerdings kein Code übernommen worden.

Auf die Frage nach der konzeptionellen Überlegenheit von BSD gegenüber Linux sagte Dillon, er teile die Meinung von Linus Torvalds, dass die Projekte nicht nur nach technischen Verdiensten beurteilt werden sollten. BSD-Programmierer seien älter und meist schon länger dabei. Ältere, erfahrene Programmierer würden naturgemäß mehr Wert auf sauberes Programmieren legen als jüngere Kollegen, die oft Abkürzungen bevorzugten und daher weniger stabilen Code erzeugten. BSD werde dadurch nicht zwangsläufig besser. Während man Linux unterstellen könne, weniger sorgfältig konzipierten, instabileren und langfristig schlechter wartbaren Code in den Kernel einfließen zu lassen, leidet BSD umgekehrt an den Schwerfälligkeit seiner bis zu 30 Jahre alten Codebasis, die sich schlechter an moderne Hardware-Konzepte anpassen ließe. Die einzelnen BSD-Gruppen hätten dieses Problem mit unterschiedlichen Ansätzen umgangen, DragonFly und FreeBSD zeigten dabei die stärksten Abweichungen vom originalen BSD-Code.

Das soziale Verhalten innerhalb der Entwicklergemeinden sei ebenfalls sehr verschieden. Wirklich gute Programmierer hätten ein ausgeprägtes Selbstvertrauen und zeigten durchaus einigen mit dem Alter zunehmenden Egoismus. Die Führung vieler solcher Persönlichkeiten sei immer schwierig, allerdings ungemein wichtig und nichts für schwache Gemüter. Linus Torvalds erfülle die Aufgabe momentan besonders gut. OpenBSD, NetBSD und DragonFly würden ebenfalls gut geführt, nur FreeBSD hätte wegen des Wachwechsels in letzter Zeit diesbezüglich Schwächen.

Die Richtung eines Projekts spiegele oft die Persönlichkeit des Projektleiters wider, weshalb es fast unmöglich sei, eine Rangfolge der Personen oder der Projekte insgesamt zu erstellen. Der Übergang von XFree nach X.Org illustriere die Abhängigkeit eines ganzen Projekts von einem Führungswechsel.

Linux habe in letzter Zeit stark aufgeholt, auch die Programmierer des Systems seien zwangsläufig im Lauf der Zeit besser geworden. Andererseits bekämen alle Projekte Zulauf von jungen Programmierern, weshalb sich die Verhältnisse innerhalb der Projektgruppen mit der Zeit anglichen. Gleichwertige technische Fähigkeiten hätten jedoch noch nicht zu gleichwertigem Kernel-Code geführt. Seiner Ansicht nach leide Linux weiterhin unter etwas "zusammengewürfeltem" Code. Dillon glaubt immer noch, dass der BSD-Code vom technischen Standpunkt aus besser sei, allerdings stehe BSD mit UFS weiterhin nur ein einziges Dateisystem zur Verfügung, auch wenn die vielen Linux-Dateisysteme trotz jahrelanger Bemühungen immer noch Stabilitätsprobleme hätten. Leistung sei eben nicht alles.

Zwischen den BSD-Projekten gebe es vor allem bei Userland-Programmen und den Treibern einen mäßigen Austausch von Programmzeilen, mit dem Linux-Kernel hingegen so gut wie gar keinen. Jedoch würden die Entwickler in Sachen Algorithmen, Konzepte und Bugfixes durchaus miteinander reden, viele BSD-Konzepte hätten dadurch ihren Weg in den Linux-Kernel gefunden. Wie alle BSD-Entwickler sträubt sich auch Matt Dillon gegen die Übernahme von implementiertem Linux-Kernelcode. Linux diene aber im guten Sinne als Schmelztiegel und Sandkasten für verschiedene Ideen und Konzepte. An Konzepten und Ideen sei er jedoch immer interessiert, vieles bei BSD und Linux stamme ja von dritter Seite wie beispielsweise das TCP-SACK-Protokoll. Externe Quellen wie RFCs und POSIX hielten die Open-Source-Gemeinde zusammen. Die dadurch enstehende Interoperabilität unterscheide sie von proprietären Systemen. (mhe)