Für eine Hand voll Cent -- die Haken bei billigen Mobilfunkangeboten

Das Motto "Geiz ist geil" hält Einzug in den Mobilfunk. Handybesitzer sollten sich jedoch nicht von günstigen Minutenpreisen blenden lassen -- im Detail stecken manchmal Preisfallen.

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Von
  • Sven Appel
  • dpa

Das Motto "Geiz ist geil" hält Einzug in den Mobilfunk. Losgetreten hat diese Entwicklung Tchibo: Im Oktober 2004 begann der Nicht-Nur-Kaffeeröster damit, in Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkbetreiber O2 Prepaid-Karten zu vertreiben. Das Prinzip: abgespeckter Service, sehr niedriger Preis. Andere Anbieter wie die E-Plus-Tochter Simyo, Freenet und Victorvox folgten diesem Beispiel. Handybesitzer sollten sich jedoch nicht von günstigen Minutenpreisen blenden lassen -- im Detail stecken manchmal Preisfallen.

Die Billig-Angebote basieren entweder wie bei Tchibo, Lekkerland, Uboot.com oder Simyo auf dem Prinzip Prepaid: Der Verbraucher kauft eine Guthabenkarte, die er bei Bedarf wieder auffüllen kann. Debitel, Freenet, Payback und Victorvox setzen dagegen auf Verträge. Generell sei es zu begrüßen, dass Bewegung in die Mobilfunk-Preislandschaft kommt, sagt Brigitte Sievering-Wichers von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Allerdings sollte man schon genauer hinschauen.

Das neue Angebot "Simply" von Victorvox zum Beispiel ist Sievering-Wichers zufolge mit einem Einheitspreis von 18 Cent in alle deutschen Netze ohne Mindestumsatz, Grundgebühr oder Mindestlaufzeit "sehr attraktiv". Es unterbiete sogar das ebenfalls günstige Angebot von Simyo, das mit einem Einheitspreis von 19 Cent in alle deutschen Netze wirbt. Zudem hat Victorvox angekündigt, seine Preise künftig monatlich so anpassen zu wollen, dass "Simply" den jeweils günstigsten Tarif bietet. "Simply"-Kunden müssen jedoch eine Anschlussgebühr in Höhe von 24,95 Euro zahlen. Auch für den Service fallen teils erhebliche Kosten an. Wer etwa bei "Simply" nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen und den Rechnungsbetrag lieber überweisen will, muss einmalig 10 Euro und pro Überweisung 2,95 Euro zahlen. Zudem wird bei "Simply" wie bei einigen anderen Anbietern auch die Mailbox-Abfrage in Rechnung gestellt. Selbst Antworten auf Anfragen per Mail lasse sich Victorvox mit einem Euro Gebühr bezahlen. Das betreffe jedoch nur reine Service-Anfragen, nicht berechtigte Reklamationen, heißt es bei dem Unternehmen in Krefeld. Die Rufnummernmitnahme ist ebenfalls kostenpflichtig.

Simyo mit Sitz in Düsseldorf bietet die "Rufnummernportierung" überhaupt nicht an -- "aus Kostengründen", erklärt Sprecherin Bettina Siedentopf. Auf weitere Kosten für den Kunden macht Isabella Eigner von der Stiftung Warentest in Berlin aufmerksam: "Der Einzelverbindungsnachweis ist hier ebenfalls kostenpflichtig." Zehn Euro will der Anbieter dafür. Zudem können Simyo-Kunden ihre Handy-Karte nur online auffüllen. "Unsere Zielgruppe sind Leute, die im Internet unterwegs sind und sich mit dem Thema E-Commerce bereits angefreundet haben", sagt Sprecherin Bettina Siedentopf. Wer keinen Internetanschluss hat, ist auf einen Anruf beim Call-Center angewiesen -- wobei pro Transaktion eine zusätzliche Gebühr von fünf Euro fällig wird.

Kritik übt das Telekommunikationsportal Teltarif.de in Göttingen an einer aktuellen Aktion von Tchibo und zeigt damit zumindest, dass Verbraucher die "Schaufensterpreise" der Anbieter hinterfragen sollten: Das Unternehmen werbe mit dem Slogan "Tchibofonieren für 19 Cent rund um die Uhr" für eine einmalige Preisaktion. Alle Kunden, die bis zum 31. Juli 2005 ein Handy oder eine Tchibo-SIM-Karte kaufen und diese sofort mit bis zu 100 Euro aufladen, erhalten von Tchibo noch einmal 85 Prozent des Wertes der Guthabenkarte zusätzlich. Im Idealfall würden durch diesen Bonus die Preise aus der Werbung erreicht, sagt Martin Müller von Teltarif.de. Rein technisch berechne Tchibo aber weiterhin 35 Cent pro Gesprächsminute und 19 Cent pro SMS. Das sei vergleichsweise teuer. Allerdings erhalte der Kunde bei Tchibo anders als bei anderen Anbietern wie Simyo günstig ein Handy. Hinzu komme, dass Tchibo viele Filialen habe, in denen sich die Handy-Karte aufladen lasse.

Die etablierten Mobilfunker ziehen nach -- Mobilcom zum Beispiel macht jetzt ebenfalls eine Billig-Offerte: Zum Preis von 19,80 Euro ohne Grundgebühren erhält der Kunde monatlich 200 Gesprächsminuten. Das ergibt einen Minutenpreis von 9,9 Cent. Dafür muss jedoch ein Vertrag mit 24 Monaten Laufzeit abgeschlossen werden. Müller weist außerdem darauf hin, dass der Minutenpreis von 9,9 Cent nur dann zustande kommt, wenn genau 200 Minuten abtelefoniert werden. Jede weitere Minute wird mit 39 Cent berechnet. Und wer sein Guthaben nicht voll ausnutzt, zahlt im Prinzip ebenfalls drauf, weil es bereits nach einem Monat verfällt.

Zwar seien die neuen Billigtarife attraktiv, resümiert Brigitte Sievering-Wichers von der Verbraucherzentrale. Dennoch müssten die Verbraucher sorgfältig abwägen, ob das Angebot zu ihrem individuellen Telefonierverhalten passt oder ob sich für sie ein Laufzeitvertrag mit geringen laufenden Kosten eher eignet. (Sven Appel, dpa) / (jk)