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Was war wirklich wahr. (Des dritten Sommerrätsels Auflösung)

Ohne Wikipedia, den Akronymfinder und Google wäre es wohl um ein Vielfaches schwieriger gewesen, einige Aufgaben des dritten Sommerrätsels zu lösen, glaubt Hal Faber, aber so...

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hal Faber

Mit Texträtseln gegen den Akronymfinder, Google und Wikipedia anzugehen, das erschien ein verwegenes Unterfangen. Im dritten Teil des Sommerrätsels wurde denn auch all das in Windeseile erraten, was über die bekannten Helferlein zu erfahren war.

Was war wirklich wahr.

So fand ein Leser über Google mit dem ausgesprochen hübschen deutschen Wort "Futterneid" über diese Website heraus, dass FAZ und andere Tageszeitungen im Sommer 1995 eine Anzeige der damals Lüttgen & Scholt heißenden Agentur aus Leverkusen ablehnten, die neben dem Text "Join the Virtual Company" mit lus.com die Webadresse der Agentur enthielt. So sah das Unrecht vor zehn Jahren aus, ohne Links. Ob in zehn Jahren jemand weiß, welches Unrecht ein Link auf eine russische Website einmal darstellte, die All of MP3 im Angebot hatte? Aber vielleicht steht in zehn Jahren auch wieder die Mauer, wie sie es bei Red Hat vorwegnehmen.

Als ausgesprochen schwach erwies sich die zweite Frage nach dem SCO-Kürzel, die prompt richtig mit der Shanghai Corporation Organization beantwortet wurde. Auch IBMs lustige Tat, die zu den Kugelkopfschreibmaschinen konkurrierenden Typenradsysteme, die Daisywheel-Printer bis zum Jahre 1981 eins zu eins als Gänseblümchendrucker zu übersetzen, wurde korrekt beantwortet. Ganz nebenbei mit einer hübschen Kollektion weiterer sprachlicher Abstrusitäten, von den Blinkenlichten über die serielle Zeigereinheit bis zu dem schlichtweg genialischen Ausdruck "kein Weltraum links vom Gerät" für "no space left on device".

Bei der vierten Frage, die ähnlich komische Sätze zum Inhalt hatte, muss ich Abbitte leisten. Natürlich wurde sofort erkannt, dass die "fire phasers 5 times" zu Novells Netware gehören, wobei "5 times" übrigens üblicherweise den Freitagen vorbehalten blieb. An anderen Tagen wurde nur zweimal gefeuert. Mit "put card in slot" sollte eigentlich an Ultima I erinnert werden, wo die fiese Anweisung zum ersten Male auftauchte, doch haben auch die Leser Recht, die diesen Satz aus anderen Spielen kennen. Damit war die Frage wohl zu schlecht formuliert.

Immerhin blieb Frage 5 ungelöst, vielleicht auch deswegen, weil einige Sätze des Dialoges wegfallen mussten, damit die Sache nicht zu einfach wurde. Hier der vollständige Dialog:

"Bruno, was ist Leben?" Dr. Bruno Forster, Direktor der Abteilung für Mobile Adaptive Maschinen, nahm im Interesse einer besseren Verständigung bedächtig die Pfeife aus dem Mund. Socrates verstand noch immer rund zwei Prozent gesprochener Worte falsch; mit der Pfeife wurden es fünf." Unterprogramm dreidreinull", sagte er mit deutlicher Betonung. "Was ist der Sinn des Universums? Zerbrich dir nicht dein Köpfchen über solche Probleme. Ende dreidreinull." Socrates schwieg und dachte nach.

Zitiert nach Arthur C. Clarkes Buch 2001 -- Aufbruch zu verlorenen Welten ist dieser im Kubrick-Film weggeschnittene Dialog der Moment, wo der gute Hal anfing, über den Sinn des Lebens zu grübeln. Denn mein Vetter, der alte Computer der Discovery, sollte erst Socrates heißen. Dann wurde er feminisiert und Athena genannt, bis schließlich Hal für passender befunden wurde.

Die sechste Frage blieb ebenfalls ungelöst, weil viele Leser hinter dem Rendezvos-Programm eine Episode aus der menschlichen Raumfahrt vermuteten. Nur ein Einwurf -- "Singlest du noch oder liebst du schon?" -- wies auf die richtige Lösung hin: Das von Professor Johannes Zielinski geschriebene Rendezvous-Programm stand hinter der Aktion "Liebe per Computer" der Zeitschrift Twen, die von 1966 bis 1969 in Westdeutschland stattfand. "Das perfekteste Partnerschaftsspiel, das je ein Team von Soziologen und Computer-Fachleuten ausgearbeitet hat" (Twen) wurde zum Schluss von 100.000 Teilnehmern gespielt und lief auf einem IBM System /360 Modell 40. Jeder Teilnehmer musste eine "Lochkarten- und Briefgebühr" von 4,50 DM entrichten und 75 Fragen beantworten, die auf die Lochkarten übertragen wurden. "Nicht mehr als vier Menschen wissen, wie das Programm genau abläuft. Mehr brauchen es auch nicht zu wissen. twen-Leser und twen-Leserinnen sollten nur wissen, dass eine Computer-Freundschaft eine Freundschaft wie jede andere ist", schrieb das Trendblatt, während die Schülerzeitung "Underground" die Aktion als "Fickpartner per Computer" abwertete.

Dagegen war Ken Olsen und sein Eingeständnis, eine Mikrowelle nicht bedienen zu können, wieder ein Rätsel von der leichten Sorte. Gefallen ist der Satz in einem Interview mit dem Wall Street Journal im Jahre 1986, in dem der DEC-Gründer Olsen Unix als "nützlich wie russische Lastwagen" abqualifizierte. Seine Firma befand sich da bereits im Sinkflug. (Hal Faber) / (anw)