Mensch-Maschine-Schach mit Zufallsfaktor

Experten sind uneins, welche Seite im Vergleich zwischen Menschen und Maschinen bei der Schachvariante "Fischerandom" oder "Chess960" mit ausgelosten Ausgangspositionen mehr profitiert oder weniger benachteiligt ist.

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Von
  • Lars Bremer

In Mainz spielten heute zwei Weltklasse-Großmeister gegen die Schachprogramme Shredder und The Baron. Das Besondere: Die Aufstellung der Figuren auf den Grundlinien wurde ausgelost. Diese Schachvariante, "Fischerandom" oder "Chess960" genannt, wurde vom ehemaligen Weltmeister Bobby Fischer erfunden und soll verhindern, dass die bessere Eröffnungsvorbereitung die Partie entscheidet. Seit einigen Jahren veranstaltet der Frankfurter Schachklub Chess Tigers hochkarätig besetzte Turniere nach Fischers Schachregeln.

Experten sind uneins, welche Seite im Vergleich zwischen Menschen und Maschinen davon mehr profitiert oder weniger benachteiligt ist. Im Normalschach wissen die Programme alles über die menschliche Eröffnungstheorie und haben Bibliotheken, die mehrere Millionen Züge enthalten. Für die Eröffnung haben die meisten Programmierer daher keine speziellen Algorithmen implementiert, im Unterschied zum Mittel- und Endspiel. Aber auch die Menschen müssen Einschränkungen in Kauf nehmen und nicht nur auf ihr Eröffnungswissen verzichten, sondern auch eine völlig unbekannte Stellung spielen. Programmen ist das egal, ihnen ist jede beliebige Stellung so unbekannt wie Fischen das Bergsteigen.

Das Matchergebnis brachte keinen endgültigen Aufschluss darüber, welche Seite die Regeln bevorzugen. Shredder konnte sich gegen die Nummer 90 der Welt, den Ungarn Zoltan Almasi, mit zwei zu null durchsetzen, hatte allerdings in der ersten Partie einen kleinen Hänger, als der Großmeister in total verlorener Stellung einen Verzweiflungsangriff startete. Bei knapper Bedenkzeit -- in Mainz wurde Schnellschach gespielt -- fand Almasi den Gewinnzug nicht und ging unter. Die zweite Partie war eine klare Sache für Shredder, wie Almasi in der anschließenden Pressekonferenz erklärte.

Der Weltranglistensiebte Peter Swidler schlug das holländische Program The Baron mit 1,5:0,5. Swidler, der auch Almasis Partien beobachtet hatte, erklärte anschließend Shredder für stärker, allerdings ist The Baron kein Profi-Programm, sondern Freeware, der Autor Richard Pijl arbeitet nur nebenbei daran. Ab Donnerstag nehmen beide Programme an der ebenfalls in Mainz ausgetragenen Computer-Weltmeisterschaft im Chess960 teil. Weitere Informationen und aktuelle Fotos finden sich auf der Webseite der Veranstalter und im Newsticker der Fachzeitschrift Computerschach und -spiele. (Lars Bremer) / (jk)