StarOffice 8 unter ungünstigem Stern [Update]

Die Bürosuite StarOffice leidet unter Entwicklungsverzögerungen und Kundenverlust.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Peter Schüler

Die Bürosuite StarOffice leidet derzeit unter spürbarem Gegenwind. Nicht nur, dass die Freigabe von StarOffice 8 sowie der weitgehend identischen Version 2 des Open-Source-Pakets OpenOffice seit dem ursprünglich geplanten Freigabetermin im Mai bereits zwei Mal, zuletzt auf den September, verschoben wurde -- nun muss Hersteller Sun auch einen wenig schmeichelhaften Kundenverlust hinnehmen. Offenbar betrachtet die zentralschottische Polizeibehörde -- seit einem halben Jahrzehnt Betreiber von rund 400 PCs mit StarOffice -- mittlerweile Microsoft Office als die kostengünstigere Lösung.

Beim Umstieg auf die Sun-Software im Jahr 2000 haben sich die Schotten rund eine Viertelmillion britische Pfund Einsparungen durch den Einsatz von StarOffice auf Linux-PCs ausgerechnet, trotzdem aber zunächst Windows als Arbeitsplatz-Betriebssystem beibehalten und die Bürosuite auf zentralen Unix- und Linux-Servern zur Verfügung gestellt. Im Frühjahr 2005 hat die Behörde allerdings ihre IT-Infrastruktur überprüft und sich laut Infoworld anschließend für einen Dreijahres-Lizenzvertrag mit Microsoft über Windows XP, Windows Server 2003 und Microsoft Office 2003 für 500 Benutzer entschieden. Über die Konditionen des Vertrags wurde nichts bekannt.

Microsoft scheint allerdings auch dadurch gepunktet zu haben, dass der Konzern der Polizei beim Entwickeln eines neuen Dokumentenmanagementsystems zur Umsetzung des aktuellen schottischen Datenschutzrechts hilft, während der seinerzeitige Umstieg auf StarOffice wohl einigen Kostenaufwand durch Software-Anpassungen verursacht hat, den die Umsteiger selbst zu tragen hatten. Immerhin musste die Central Scotland Police schon damals sicherstellen, dass ihre Dokumente auch für die überwiegende Mehrheit der Windows-benutzenden Kollegen in anderen schottischen Polizeidienststellen zugänglich sind. "Es ist halt schwer, mit fünf Prozent der Polizeitruppe den gesamten Rest vor sich her zu treiben" erklärte IT-Chef David Stirling.

So zeigt sich auf Kundenseite wohl dasselbe Problem wie im StarOffice-Entwicklerteam: Im Juli hatte c't (Heft 15/04, S. 40) berichtet, dass die Freigabeverschiebung für StarOffice 8 durch einen eklatanten Entwicklermangel zu begründen sei, insbesondere beim völlig neu geschriebenen Präsentationsmodul. Laut OpenOffice-Mitentwickler Ken Fosley ziehen zwar Anbieter wie IBM durchaus Nutzen aus der Verfügbarkeit von StarOffice, doch neben den 50 Sun-Mitarbeitern treiben lediglich zehn Novell-Beschäftigte und vier externe Programmierer die Softwarepflege voran. Das lässt erklärlich erscheinen, dass die Sonderbehandlung von Prestigekunden leicht auf der Strecke bleibt.

Bei den StarOffice-Entwicklern in Hamburg rief das Statement allerdings einige Irritation hervor; nach Aussage des Unternehmenssprechers Carsten Müller werkeln nämlich allein an der alten Heimstätte der StarDivision nach wie vor 150 Sun-Mitarbeiter am neuen Code der Bürosuite. Nicht ohne Stolz verkündet Müller zudem, damit sei die Truppe erheblich effizienter als die vielfach größere Entwicklungs-Crew hinter Microsoft Office. Im Übrigen beruhe der jetzt ganz konkret auf den 12. September verlegte Erscheinungstermin von StarOffice auf einer reinen Marketingentscheidung. (hps)