PDC: Microsoft ausdrucksstark im Web

Auf der PDC kündigte Microsoft eine neue Web-Suite an: Das Programmpaket Expression besteht aus einem Vektormalprogramm, einem Animations-Editor und einem Web-Editor. Hinter zwei der drei Produkte verstecken sich alte Bekannte.

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Von
  • Gerald Himmelein

Die Gerüchteküche brodelt schon länger, doch jetzt macht Redmond ernst. "Microsoft Expression" heißt der Frontalangriff des Software-Riesen gegen die Web-Entwicklungswerkzeuge von Macromedia. Die Suite besteht aus drei Modulen: dem Grafikprogramm Acrylic, der Multimedia-Authoring-Umgebung Sparkle und dem Web-Editor Quartz. Bei allen drei Titeln handelt es sich noch um Code-Namen, die endgültigen Bezeichnungen werden sicherlich wesentlich langweiliger ausfallen.

Der Acrylic Graphic Designer geht aus dem Vektormalprogramm Expression 3 des chinesischen Entwicklungsstudios Creature House hervor, das Microsoft vor über einem Jahr mit Mann und Maus eingekauft hat. Die Software liegt bereits seit längerem in einer Betaversion vor. Acrylic beherrscht neben natürlichen Vektorstrichen auch zahlreiche Bitmap-Funktionen und hat in der aktuellen Beta ein Bitmap-Freistellungswerkzeug aus den Microsoft-Forschungslabors spendiert bekommen, gegen das Spezialwerkzeuge wie KnockOut mächtig alt aussehen.

Um den Sparkle Interactive Designer kursierten schon länger die abenteuerlichsten Gerüchte. Der erste Blick auf die Anwendung bestätigt, dass ihr der Ruf als "Flash-Killer" nicht ganz unbegründet vorauseilt. Wie Flash dient auch Sparkle zum vektorbasierenden Multimedia-Authoring -- nur dass hier statt Flash die ehemals als "Avalon" bekannte Windows Presentation Foundation (WPF) zum Einsatz kommt. Gegenüber Flash hat Sparkle den Vorteil, dass die Authoring-Umgebung auf Anhieb mit Microsofts Entwicklungsumgebung Visual Studio kommuniziert. Bei Flash teilen sich dagegen der für den Code zuständige Entwicklungsbereich und die zeitleistenbasierte Animationsumgebung eine Anwendung.

Vorerst sprechen Sparkle und Flash noch ein unterschiedliches Publikum an: WPF befindet sich noch im Entwicklungsstadium und wird zunächst nur auf Windows-Umgebungen zu Hause sein; Flash-Player gibt es dagegen auch für Smartphones, Mac OS und Linux. In einer Folie auf der gestrigen Keynote von Jim Allchin fand sich aber auch ein subtiler Hinweis, dass die Darstellungs-Engine WPF/E nicht nur unter Windows Vista und Windows Mobile zum Einsatz kommen soll, sondern auch unter Mac OS X.

Auf der PDC demonstrierten ein Microsoft-Designer und ein Entwickler, wie die Arbeitsteilung mit Sparkle und Visual Studio aussehen kann: Der Entwickler schreibt das Back-End in VS 2005, der Designer importiert das Projekt in Sparkle und kümmert sich um ein gefälliges Aussehen. Dabei musste sich der Entwickler nie mit visuellen Design-Tools abrackern und der Designer blieb vom Code verschont: Das beste aus beide Welten quasi -- sofern im praktischen Einsatz alles so sauber funktioniert wie auf der Bühne gezeigt.

Beim Quartz Web Designer handelt es sich um einen standardkonformen Web-Editor, der neben XHTML auch XAML-Dokumente für WPF erzeugt und verwaltet. Bei der Vorführung auf der PDC wurde schnell klar, dass hinter dem neuen Codenamen nichts anderes als eine neue Version von FrontPage steckt. In einem Gespräch mit heise online bestätigte der für Office verantwortliche Senior Vice President Steven Sinofsky erwartungsgemäß, dass FrontPage und Quartz 95 Prozent des Code teilen. Ob FrontPage überhaupt noch separat verkauft wird, wollte Sinofsky nicht sagen. Auf seiner Präsentation am Mittwochmorgen bezeichnete er FrontPage bezeichnenerweise durchgehend als "SharePoint Designer". (ghi)