Insolvente Dolphin Telecom schaltet Bündelfunknetz ab

Nachdem Investoren über Jahre den laufenden Analog-Betrieb aufrechterhalten hatten, drehen sie nun den Geldhahn zu, da ein Gerichtsentscheid über eine umstrittene Digital-Lizenz erneut um Monate vertagt wurde.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Bündelfunkanbieter Dolphin Telecom, der bereits seit Juli 2001 insolvent ist, muss seinen Geschäftsbetrieb noch im November einstellen. Bislang bediente das Kölner Unternehmen nach eigenen Angaben 95 Prozent des professionellen Mobilfunkmarktes im Bündelfunk (PMR) mit bundesweit gut 8000 Kunden, darunter "führende Industrie- und Dienstleistungsunternehmen", die den Profifunk zum Beispiel zur Kommunikation auf dem Werksgelände oder im öffentlichen Nahverkehr nutzen. Zu den Kunden zähle beispielsweise die Berliner S-Bahn, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger (KStA). Nach Informationen von heise online sind im Dolphin-Netz derzeit noch rund 70.000 Funkgeräte im Einsatz.

Bislang hatte das britische Investment-Unternehmen Inquam monatlich über eine Million Euro – insgesamt 40 Millionen Euro – zugeschossen, um den Betrieb der analogen Funknetze aufrechtzuerhalten. Vor der Pleite hatte Dolphin eine Reihe kleinerer Bündelfunkanbieter aufgekauft, um den deutschen PMR-Markt zu erobern. Auf den ehemaligen C-Netz-Frequenzen um 450 MHz wollte Dolphin ein digitales CDMA-Netz errichten und seinen Kunden digitalen Bündelfunk anbieten, der zum Beispiel abhörsichere Kommunikation und das Schalten von Gruppenrufen auch über große Entfernungen hinweg ermöglicht. Der Regulierer hatte zuvor vom C-Netz belegtes Spektrum, das zum 31. Dezember 2000 abgeschaltet worden war, an Dolphin vergeben.

Gegen den Vergabeentscheid der damaligen RegTP zog jedoch der Mobilnetzbetreiber Vodafone vor das Verwaltungsgericht. Das Gerichtsverfahren dauert an, mit der Folge, dass Dolphin das zugeteilte Spektrum nicht nutzen konnte. Hatte Inquam nach Auskunft des Dolphin-Insolvenzverwalters Hans-Gerd Jauch noch eine Verschiebung der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vom Frühjahr 2005 auf den Oktober hingenommen und so lange weiter den laufenden Betrieb bei Dolphin finanziert, wurde die gerichtliche Entscheidung nun abermals um mindestens ein halbes Jahr vertagt. Daraufhin hätten die Investoren ihr Engagement überraschend beendet. Nach dieser Entscheidung sieht die Dolphin Telecom, die derzeit rund 120 Menschen beschäftigt, keine Möglichkeit mehr, den Betrieb des Analognetzes aufrechtzuerhalten.

Insolvenzverwalter Jauch kündigte an, mit den "noch zur Verfügung stehenden Mitteln" die Firma geordnet herunterzufahren und somit für die Kunden Zeit zu gewinnen, damit diese auf Alternativen zurückgreifen können. Als Datum für die Abschaltung werden Termine zwischen Mitte und Ende November genannt. In Fachkreisen hieß es, dass Dolphin den Weiterbetrieb lokaler Netze prüft, die wirtschaftlich profitabel sind. Die Finanzinvestoren hatten hingegen unmittelbar bevor sie Dolphin den Geldhahn zudrehten, ihr Interesse an ungenutzten UMTS-Lizenzen bekundet.

Als Ersatz kommen die auch im digitalen Behördenfunk eingesetzten Technologien TETRA und Tetrapol in Betracht, die bereits für lokale Netze von Nahverkehrsbetrieben, Flughäfen oder Energieversorgern eingesetzt werden. Auch Vodafone dürfte an der Übernahme bisheriger Dolphin-Kunden interessiert sein und profitiert von der Dauer des Verwaltungsgerichtsverfahrens doppelt: Erstens vom Ende von Dolphin und zweitens davon, dass das umstrittene Spektrum bis zum Ende des Verfahrens keinen anderen Betreiber zugeteilt werden kann. Mit der von Vodafone propagierten BOS-GSM-Technik könnte der Carrier PMR-Funktionen in seinem bestehenden GSM-Netz realisieren. Auch die TETRA-Hersteller, die im Branchenverband PMeV organisiert sind, richteten sich in einer Roadshow gezielt an PMR-Anwender aus Wirtschaft und Verwaltung. (ssu)