Hightech im Kampf gegen den Terror
Zu den Wundern der Technik gehören unter anderem "intelligente" Videoanlagen, in denen Software bei "sich typisch verhaltenden Selbstmördern" Alarm schlagen soll. Polizeiexperten sehen die Hightech-Mittel mit einer gewissen Skepsis.
In London ist am gestrigen Dienstagabend eine zweitägige Konferenz der International Association of Public Transport (UITP) zu Ende gegangen, die sich unter dem Motto Anti-Terrorism Strategies in Public Transport ausführlich mit den Lehren aus den Bombenattentaten von London und Madrid beschäftigte. Die Konferenz, bei der Pressevertreter nur einige ausgewählte Referate besuchen konnten, versuchte vor allem, einen ausgewogenen Überblick über die Hightech-Mittel zu präsentieren, von denen sich die Öffentlichkeit wahre Wunderdinge im Kampf gegen den Terror verspricht. Außerdem wurden Maßnahmen und Übungsszenarios diskutiert, mit denen Krisensituationen im öffentlichen Nahverkehr wie dem von Madrid und London geprobt werden können.
Zu den Wundern der Technik gehören "intelligente" Videoanlagen, bei denen Software Passanten analysiert und bei "sich typisch verhaltenden Selbstmördern" Alarm schlägt. Weitere neue Systeme sind Spezialscanner mit Wellenbereichen, die verborgene Waffen an Körpern aufdecken, oder Scanner wie Deepscan, die mit speziellen Sprengstoffsensoren ausgerüstet sind. Auch die automatische Gesichtserkennung gehört zu den neuen Techniken, von denen sich vor allem die französische Polizei viel verspricht.
Doch die versammelten Polizeitechniker warnten in einer Pressekonferenz zugleich vor dem Glauben, dass die Technologie wirklich Bombenattentate im Stil von London und Madrid verhindern kann. So erklärte Alain Care von der Pariser Transportgesellschaft RATP: "Vor wenigen Jahren brauchte es 10 bis 15 Sekunden, um ein Bild mit einer Datenbank abzugleichen. Heute sind es drei Sekunden – aber wenn man 10 oder 20 mögliche Terroristen hat, die eine Metro-Station betreten, so sind das immer noch 100 Sekunden und damit 100 Sekunden zuviel." In eine ähnliche Kerbe schlug Alistair Darling, britscher Staatssekretär für das Transportwesen. Er machte darauf aufmerksam, dass entsprechende Hightech-Lösungen zwar in Flughäfen sinnvoll sein können, aber kaum in der Londoner U-Bahn, die täglich 3 Millionen Passagiere hat, ein Vielfaches der Flugpassagiere.
Noch skeptischer sind Fahndungsspezialisten. "Es ist ja schön und gut, wenn es Systeme gibt, die Selbstmörder erkennen. Doch was nützt das beim modernen Terror? Schauen Sie sich doch die Berichte über die Attentäter vom 7. Juli an. Die witzelten und stritten sich noch mit einem Tankwart über das Kleingeld", erklärte ein ranghoher Inspektor der British Transport Police gegenüber heise online unter Verweis auf Medienberichte. Die British Transport Police entspricht unserer Bundespolizei und überwacht die Eisenbahnen und Bahnhöfe mit einem Netz von über 2000 Kameras, die vor allem auf Bahnhöfen installiert sind. Dieses Kameranetz soll nun erheblich ausgebaut werden. Ähnliches gilt für die Londoner U-Bahn. Dort sind derzeit 6000 stellenweise veraltete Videokameras in Betrieb. Sie sollen in den nächsten 5 Jahren von 12.000 hochmodernen Systemen ersetzt werden. (Detlef Borchers) / (jk)