CES: Sony und die vier Säulen der Weisheit

Sony-Chef Howard Stringer sieht sein Unternehmen weltweit als leitende Kaft für wichtige Bereiche der digitalen Freizeittechnik im Zeitalter hochauflösender Bilder an.

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Von
  • Erich Bonnert

Sony-Chef Howard Stringer hält mit dem Übergang auf hochauflösende Fernseh- und Videogeräte den Zeitpunkt einer kompletten Umwälzung der Elektronik- und Medienbranche für gekommen. "Der Umstieg von Schwarzweiß- auf Farbfernsehen wird dagegen bedeutungslos aussehen," prophezeite der walisische Boss des japanischen Konzerns. In seiner am gestrigen Freitag gehaltenen Auftaktrede zur CES gab der von Königin Elisabeth II. 1999 zum Knight Bachelor ernannte Sir Howard sich größte Mühe, seinem Unternehmen die Leitfunktion in vier kritischen Bereichen zuzuordnen, die gleichzeitig als die vier Säulen der Sony-Strategie gesehen werden können: E-Unterhaltung, digitales Kino, (noch) höhere Auflösung und Spieltechnologie.

Was den Bereich der Medienproduktion angeht, so lässt sich dieser Anspruch nachvollziehen: Sony verfügt über die wohl umfassendste Palette an Kameras, Recordern und Produktionswerkzeugen für AV-Erzeugnisse. Digitale Projektoren werden das Kinogeschäft wieder beleben, behauptete Stringer. Als eine der ersten stellt die Kinokette Landmark auf die Sony-Technik Genesys um. Auch Gameshows im TV wie Jeopardy und Wheel of Fortune werden ab sofort digital aufgenommen. Mit Auftritten von Tom Hanks und anderen Größen der Filmindustrie feierte Stringer auch während der Keynote diese Führungsposition.

Auf der Consumer-Seite jedoch werden die Japaner zuletzt deutlich ausgestochen, etwa von Dell und Samsung bei Bildschirmen oder von Apple bei MP3-Spielern. Stringer läßt bei den Versuchen, auch hier weiterhin die Standards zu setzen, aber eine gewisse Sturheit erkennen.

Deutlichstes Zeichen ist natürlich der Kampf um das Video-Medium der Zukunft. Bei Sony setzt man auf die Blu-ray Disc, die man noch im Frühjahr des laufenden Jahres an den Start bringen will. Ab Februar nimmt das Unternehmen stufenweise die weltweite Produktion von 25-GB-Medien auf. Im Werk Salzburg beispielsweise beginnt die Fertigung im Sommer.

Fünf der sechs größten Filmstudios unterstützen die Blu-ray-Scheiben; damit stünden 90 Prozent aller Filmbibliotheken zur Verfügung. Sony konnte nun auch Dell als Verbündeten im Wettstreit gegen das HD-DVD-Konsortium melden. Michael Dell erklärte auf der Bühne, seine Kunden wollten das Blu-Ray-Format wegen seiner höheren Speicherkapazität und des zu erwartenden Lebenszyklus dieser Technik von etwa 10 Jahren.

Als Dell Sir Howard mit dem Hinweis provozierte, der direktvertreibende Computerhersteller sei ohne eigene Entwicklungsabteilung zum größten Display-Lieferanten der USA und zum Weltmarktführer bei Notebooks avanciert, nahm der Sony-Boss das mit trockenem Humor: "Naja – wer ein richtig teures Notebook will, muss eben einen Sony Vaio kaufen."

Auch bei der digitalen Audiotechnik gibt Sony nicht auf. Apples iPod wird kaum zu verdrängen sein, aber Sony-Ericsson will den Kaliforniern mit dem neuen Musik- und Kamera-Mobiltelefon 810W ("W" für "Walkman") zumindest etwas Gegenwind liefern. Das winzige Telefon hat eine 2-Megapixel-Kamera eingebaut und kann im internen Flash-Speicher 30 Stunden Musik speichern. Zudem nimmt es Memory Sticks auf.

Eine besondere Trumpfkarte hielt Stinger allerdings verdeckt – sie betrifft die Spielkonsole Playstation 3. Das neue Spielsystem werde im Frühjahr erscheinen, so die etwas dürre Ankündigung. Ihre Grafikleistung konnte die Konsole bereits im Mai auf der Unterhaltungsmesse E3 zeigen.

Mehr Interesse möchte Sony derzeit für das Konzept des elektronischen Buchs wecken, dessen Zeit Sir Howard nunmehr für gekommen hält. "Auch das gedruckte Wort ist im Digitalzeitalter angekommen. Der "Reader", ein handliches Anzeigegerät im Format eines Taschenbuchs, soll etwa für Reisende und Studenten ein ständiger Begleiter werden. Erfolgsautor Dan Brown ("The Da Vinci Code"), der schon 1997 sein erstes Digitalbuch veröffentlichte, kam auf die Bühne und lobte den Handheld in den höchsten Tönen. Gerade für die Ausgabe und Aktualisierung von Unterrichtsmaterial bedeute dies einen Durchbruch, sagte Brown, der im Nebenberuf Lehrer ist. Der Schirm des "Reader" stammt aus den Labors der MIT-Ausgründung E-Ink. Die betreffende Technik hat E-Ink früher unter dem Schlagwort "Elektronisches Papier" propagiert. Die Darstellung ist besonders kontraststark, dabei aber flimmerarm und fast blendfrei. Die Batterie reicht zum Lesen von zirka 7500 Seiten. Das Gerät soll ab April für 400 Dollar in den Handel kommen. Passend dazu will Sony Texte zum Download in seinem Online-Store anbieten. (Erich Bonnert) / (psz)