Macworld: Software-Bestand für Intel-Macs wächst langsam [Update]

Da die ersten mit Intel-Prozessoren ausgestatteten Macs ein halbes Jahr eher kommen als angekündigt, ist das Angebot portierter Software derzeit noch relativ übersichtlich.

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In einer breiten Kampagne wirbt Apple um das Vertrauen seiner Kunden in die neuen Intel-Prozessoren, sendet originelle Werbespots im Fernsehen (aktuelles QuickTime-Plug-in nötig) und beantwortet auf einer Website die beinahe provokant anmutende Frage "Was macht ein Intel-Chip im Mac?" im gewohnten Brustton der Überzeugung: "Ihr neuer Mac ist mit dem fortschrittlichsten Intel-Prozessorbaustein aller Zeiten ausgestattet. Er erledigt für Sie all die Aufgaben, die nur Mac-Computer erledigen können – und zwar besonders schnell und gut. Intel Core Duo ist die neueste Prozessorgeneration des weltweit führenden Chipherstellers."

Doch Apple weiß, dass viele Kunden erst dann von einem PowerPC- auf einen Intel-Mac umsteigen werden, wenn das Software-Angebot sie überzeugt. Die gestern propagierte Performance-Verdopplung oder gar -Verdreifachung ist nämlich nur möglich, wenn auf einem Intel-Mac native Programme arbeiten anstelle von herkömmlichen PowerPC-Applikationen, welche von Apples Rosetta-Technik simultan in Intel-Code übersetzt werden müssen. Anders als die dem c't-Artikel Umzugsvorbereitungen – Zur Software-Portierung auf Intel-Macs vom Juni vergangenen Jahres zu Grunde liegende Vorabversion führt das aktuelle Rosetta inzwischen zwar G4-Befehle aus, und damit auch AltiVec-Operationen, was viele Entwickler bislang schmerzlich vermissten. Auch OpenGL- und Grafiktreiber zumindest für ATI-Karten sollen beschleunigt worden sein. Doch viele Applikationen laufen trotzdem nicht – Details dazu verrät Apple auf seinen Entwicklerseiten. Wenn sie laufen, leidet die Performance unter der Simultanübersetzung von PowerPC- in Intel-Code je nach Anwendung deutlich. Auf seiner Eröffnungsrede zeigte Steve Jobs gestern zum Beispiel ein unter Rosetta laufendes Photoshop und sagte: "Für viele von uns mag die Geschwindigkeit ausreichen, für Profis sicherlich nicht" und verpasste Adobe damit einen Seitenhieb, gefälligst bald angepasste Versionen seiner Programme bereit zu stellen. Auf der Entwicklerkonferenz WWDC, wo Apple erstmals den Umstieg auf Intel-Prozessoren bekannt gab und Entwickler um das rasche Portieren ihrer Applikationen bat, hatte Adobe-Chef Bruce Chizen bereits angekündigt, das zu tun. Man werde sogar der erste Hersteller sein, der seine komplette Produktpalette umstelle.

Da nun aber die ersten mit Intel-Prozessoren ausgestatteten Macs ein halbes Jahr eher kommen als seinerzeit angekündigt – viele Hersteller werden von der Ankündigung ebenso überrascht gewesen sein wie Anwender und Presse – und Apple einen Austausch des Rechners im Developer-Transition-Kit gegen einen Intel-iMac seinen zahlenden Entwicklern erst seit heute anbietet, ist das Angebot portierter Software derzeit noch relativ übersichtlich.

Apple selbst hat neben Mac OS X 10.4.4 und den darin enthaltenen Programmen – unter anderem QuickTime, Safari, Mail, iCal, iChat AV, Front Row und Photo Booth – Universal Binaries von iWork 06 und iLife 06 fertig. Darüber hinaus werde Apple ab März "Crossgrades" seiner so genannten Pro-Applikationen für 49 US-Dollar anbieten, im Tausch gegen die alten CDs, kündigte Steve Jobs gestern an. Ob dann wirklich all die dicken Brocken, darunter Final Cut Pro, DVD Studio Pro, Motion, Soundtrack, Aperture, Logic, Shake & Co., gleichzeitig erhältlich sind, darf bezweifelt werden. Sie laufen jedenfalls allesamt nicht unter Rosetta.

Die Ankündigungen von Drittherstellern kommen derzeit noch vergleichsweise zögerlich. Die OmniGroup bietet für ihre kommerziellen Applikationen OmniOutliner und OmniGraffle Updates an und hat auch die Freeware OmniDictionary bereits fertig portiert. Die ebenfalls kommerziellen Programme OmniDiskSweeper und OmniObjectMeter gibt es vorerst nur als Betaversionen. Lemke Software hat die Intel-taugliche Version 5.7.5 der populären Shareware GraphicConverter fertig. Auch den 3D-Modeller Modo, die Text-Editoren BBedit, edit X und das teamtaugliche SubEthaEdit, den Open-Source-ftp-Client Cyberduck, das File-Transfer-Helferlein iGet, den VNC-Server OSXvnc, das Art Director's Toolkit, die Tool-Sammlung Cocktail, den Stammbaumdesigner MacFamilyTree und den Schaltbildanalysator MI-Sugar haben ihre Hersteller bereits portiert, wenngleich wir über deren Kompatibilität und Stabilität mangels Intel-Mac noch nichts sagen können.

Microsoft arbeitet laut Mac-Chefin Roz Ho an einer Portierung seines Office-Pakets, kündigte aber noch nicht an, wann diese erhältlich sein wird. Zuvor soll es erst noch ein Update geben, welches die bisherige Version fehlerfrei in Rosetta ausführt. Quark stellt eine öffentliche Betaversion von QuarkXPress 7 als Universal Binary zum Download bereit. Vom populären Browser Firefox hatten Apple-Entwickler schon auf der WWDC eine kurzerhand portierte Version gezeigt; auf den offiziellen Webseiten des Projekts ist indes noch keine fertige Variante davon aufgetaucht. Ebenfalls noch im Betastadium, aber bereits zum Download erhältlich sind die Bildbearbeitung MacGIMP, der FTP-Client Fetch, das Netzwerktool IPNetTunerX, das WLAN-Widget AirTrafficControl, das Chat-Programm Collaborate, das Virtual-Reality-Entwicklungskit OpenSceneGraph und das Sychronisier- und Backup-Tool Synchronize Pro.

Vom 3D-Animations- und Rendering-Paket Cinema 4D hat Hersteller Maxon schon seit längerem eine Universal Binary fertig, die es aber nicht (auch nicht als Update) zum Download gibt. Angekündigt sind darüber hinaus unter anderem die Audio-Software RiffWorks und der Schaltungssimulator MacSpice.

Auf den Großteil von mehreren zehntausend OS-X-Programmen wird man noch ein gutes Weilchen warten müssen. Apple setzt hoffentlich bald eine Web-Seite auf, die über den Stand der Portierung prominenter Applikationen auf dem Laufenden hält. Bei ähnlichen Gelegenheiten, etwa beim Umstieg von der 68k- auf die PowerPC-Architektur oder von OS 9 auf OS X, gab es solche jedenfalls. In der Zwischenzeit helfen Übersichten wie die von VersionTracker aus.

Eine von Apple kürzlich ins Leben gerufene Logo-Kampagne soll Software-Käufer in Zukunft auf Universal Binaries aufmerksam machen – und Herstellern einen Grund mehr liefern, solche zu entwickeln, um so vielleicht ihren Wettbewerbern ein Schnippchen zu schlagen.

Zur Macworld siehe auch: (se)